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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0014

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2

Einleitung

benediktinischen Reichsklöster zu den jeweiligen Herrschern und ihren Dynastien
betreffen.
Dabei sind an erster Stelle Fragen der Rechtsstellung der Reichsabteien inner-
halb des Reiches zu nennen. Es wird in Aufnahme der Forschungen Julius von
Fickers und Theodor Mayers um die Beantwortung der Frage gehen, wie man die
Gruppe der dem Reich unmittelbar zugeordneten Abteien zu bezeichnen hat.
Sodann ist die Frage zu stellen, wie sich die Vorgänge der Inbesitznahme von
Abteien durch das Reich und der Abgabe von Klöstern vom Reich an Dritte abge-
spielt haben. Mit diesen Fragenkomplexen wird einerseits auf das Verhältnis der
Reichsspitze zu Fürsten und Adel eingegangen, andererseits ist nach den Möglich-
keiten der Fürsten und Adligen zu fragen, eigenständige Vorstellungen von Klo-
sterherrschaft gegenüber den Kaisern und Königen durchzusetzen. Die Vergabe der
Reichsabteien, die dabei eingehaltenen äußeren Formen und die zur Begründung
eines solchen Aktes gemachten Aussagen sollen als Mittel herrscherlicher Verfü-
gung über Klöster ebenso dargestellt werden wie als eines der vielen Mittel des
Herrschers, in die Verhältnisse der Reichskirche und ihrer Binnenstruktur einzu-
greifen. Beides würde man in der Vergangenheit wohl häufig als die »Klosterpoli-
tik« der Herrscher bezeichnet und dabei eine durchweg zielgerichtete und konzept-
orientierte Verhaltensweise unterstellt haben.
An einem Spezialfall, der Rechtsstellung der königlichen Haus- und Famili-
enklöster, werden anschließend die besonderen Probleme zu erörtern sein, die sich
aus der Identität von königlichem Klosterstifter und Klosterherrn ergeben. In die-
sem Zusammenhang spielt die Frage nach der Bedeutung eigener Hausklöster für
die Memorialpraxis der Herrscherfamilien eine bedeutende Rolle, ebenso auch die
Frage nach der in diesem Punkte besonders eindrücklichen Vermischung von
Reichs- und Hausgut bei der Dotation solcher königlichen Hausklöster.
Das Verhältnis der Herrscher zu den ihnen anvertrauten Reichsabteien wird im
folgenden unter zwei zentralen Aspekten dargestellt: Es wird der Beeinflussung der
Abtswahlen durch die Könige und Kaiser nachgegangen werden, und es muß um
die Ausstattung der Klöster mit Reichsgütern und Reichsrechten gehen. In beiden
Untersuchungsfeldern werden sich wesentliche Bereiche der eigentlichen »Kloster-
politik« der Herrscher spiegeln. Möglichkeiten aktiven Eingreifens oder passiven
Gewährenlassens boten sich sowohl hinsichtlich der Wahlen in den Reichsklöstern
als auch im Hinblick auf mögliche Verbesserungen ihres materiellen Status durch
die Übertragung von Reichsgütern.
Beide Problembereiche sind in hohem Maße von rechtlichen Erwägungen be-
einflußt. Die Bestimmung der Reichsäbte durch die Herrscher steht bis in den Inve-
stiturstreit hinein in einem steten Spannungsverhältnis zwischen Achtung der klö-
sterlichen Wahlautonomie und Durchsetzung königlicher Vorstellungen; dies
verbindet die Rolle der Reichsklöster mit der der Bistümer. Die Vergabe von Reichs-
gütern und Reichsrechten wird in den ersten anderthalb Jahrhunderten des Unter-
suchungszeitraumes im wesentlichen auch als ein Mittel dazu eingesetzt, die Reichs-
abteien in den rechtlichen Rahmen einer sich verändernden und auf die Dauer
intensivierenden Reichsverwaltung einzupassen; auch in dieser Hinsicht sind die
Verhaltensweisen der Herrscher gegenüber Reichsabteien und Bistümern ähnlich.
Schließlich sind eine Reihe von Fragen nach den Leistungen der Reichsabteien
für Reich und König zu stellen. Sie orientieren sich in mancher Hinsicht an den Fra-
 
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