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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0232

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5. Gebetsdienste der Reichsabteien für
Herrscher und Reich

Seit dem Konzil von Agde (501) ist eine grundsätzliche Pflicht der Kirchen der
merowingischen Reiche zum Gebet für den Bestand des Reiches und die Person des
Königs belegt. Sie findet ihren Ausdruck in zahlreichen Konzilskanones des 7. Jahr-
hunderts, aber auch in Urkunden der merowingischen Könige. Seit dem ersten ein-
wandfreien Zeugnis in einer Urkunde Dagoberts I. von 630 werden Gebetsver-
pflichtungen der Reichskirchen vor allem in Rechtsverleihungen, Schenkungen,
Besitz- und Tauschbestätigungen und Zollbefreiungen sowie in den Formulae
Marculfi erwähnt. Die am meisten verbreitete Intention ist dabei das Gebet pro sU-
MhaU rogni rzosfn'/Froncoruw. Andere Formeln sind dagegen ungleich weniger ver-
breitet'.
In karolingischer Zeit werden die einschlägigen Belege in den Urkunden häu-
figer. Gleichzeitig vollzieht sich der Übergang vom Gebet pro oühs zum Memento
pro de/MMcb's, also zum Einschluß auch verstorbener Angehöriger der Herrscherfa-
milie in das Gebet. Die Noü'ü'a & seruz'h'o monasfen'onutz Ludwigs des Frommen von
819 ist noch ein Zeugnis jener älteren, auf die lebenden Mitglieder der Herrscherfa-
milien konzentrierten Form des Gebetsdienstes: Der dritten und am wenigsten be-
deutenden Gruppe der Reichsklöster wird darin auferlegt, sie hätten oroh'onos pro sa-
htfg z'ztzpgmforz's oe! /hz'ontpz Uns U sUMz'UU z'ztzpgrz'z zu leisten. Der Übergang zum
expliziten Memorialdienst auch für die verstorbenen Angehörigen des jeweiligen
Herrschers ist hier also noch nicht vollzogen. Jedoch wird der dynastische Gedanke
im Ansatz bereits betont, indem die/hü zhzpoz^aforz's genannt werden.
Unter den 54 Abteien, die in der Notitia dieser Gruppe zugeordnet werden, be-
finden sich aus dem späteren ostfränkischen Reich die Klöster Ebersheim, Klingen-
münster, Stettwang, Schlüchtern, Berg, Metten, Schönau, Moosburg und Wesso-
brunn". Freilich ist es völlig unstrittig, daß auch in den insgesamt dreißig Klöstern
der beiden ersten Gruppen der Notitia" gleichartige Gebete für Kaiser und Reich
verrichtet worden sind.
Wie bei der Diplomatik der Immunitätsurkunden im allgemeinen, so kommt
auch für die Formulierung des Gebetspassus den Urkunden Ludwigs des Frommen
eine zentrale Stellung zu. In ihnen wird der Passus zu einem integralen Bestandteil
der eigentlichen Immunitätsbestimmungen und findet im sog. cxonzm-Passus des

1 EwiG, Gebetsklausel; DERS., Priere.
2 Corpus Consuetudinum Monasticarum, Bd. 1, S. 493, 496f.
3 Ebd.,S. 493A95.
 
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