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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0087

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1. Einflußnahmen auf Abtswahlen und
Abtsabsetzungen

a. Die Wahlvorschriften der Benediktsregel und
des Kirchenrechts
Das Kapitel 64 der Regula Benedicti' überträgt die Wahl des neuen Abtes allein
den Angehörigen des Konventes; dies ergibt sich aus der wiederholten Nennung
der omm's cctigrggafz'o als des Wahlgremiums (RB 64,1+3) ebenso wie implizit aus der
Nichtnennung irgendwelcher anderen beteiligten Wählergruppen. Die Mönche
sind nach RB 64,1 in ihrer Wahl prinzipiell frei, sollen jedoch denjenigen Mitmönch
wählen, der sich durch vz'fzzg azAgm ttigrz'fo gf szzpz'gzifzüg docfn'na auszeichnet, selbst
wenn er in der Rangfolge innerhalb des Konventes den letzten Platz einnehmen
sollte (RB 64,2). Die Wahl soll im Idealfall einmütig (cotzcors) erfolgen, jedoch kann
im Falle einer Auseinandersetzung um den geeigneten Kandidaten auch eine pt?rs
zjzzaznvz's parva cotzgrggafz'ohz's einen neuen Vorsteher sarzz'org consz'ü'o bestimmen^.
Die Wahlvorschriften dieses Kapitels der Benediktsregel enthalten überdies Be-
stimmungen für den Fall, daß ein ungeeigneter Mönch zum Abt gewählt wird (RB
64,3-6). ln dieser Situation soll dem zuständigen Diözesanbischof, den benachbar-
ten Äbten oder überhaupt allen benachbarten Christen ein Recht zustehen, einen
dem Kloster angemesseneren Vorsteher einzusetzen.
Mit der durch Ludwig den Frommen 816 verordneten Alleingeltung der Bene-
diktsregel galten ihre Wahlvorschriften - ergänzt durch den »Abtsspiegel« in RB 2
- als »rechtliche Richtschnur für jede AbtswahhA Ergänzt werden konnten sie al-
lenfalls durch die monastischen Consuetudines der Benediktinerklöster, deren Ver-
einheitlichung nach dem Anspruch der ana rggrda - tzzza consagfado unter Ludwig
dem Frommen bekanntlich nicht gelungen war und die deshalb, soweit bekannt, in
manchen auch zentralen Punkten deutlich voneinander abwichenF
Mit diesen Wahlvorschriften der Regula Benedicti war, bei allen Möglichkeiten
einer Interpretation von einzelnen Normen, mit Sicherheit eines erreicht: Jedwede
Möglichkeiten des Eigenklosterherrn, im Falle von Reichsklöstern also des Königs,

1 Benedicti Regula, ed. HANSLIK, S. 163-166.
2 Uber den Wahlmodus nach RB 64 gibt es eine schier unübersehbare Literatur, die zum guten Teil
durch JACOBS, Regula Benedicti als Rechtsbuch, S. 45-63, obsolet geworden ist; seither noch - in
wesentlich breiterem Rahmen - SEIBERT, Abtserhebungen, S. 172-202.
3 Ebd., S. 134.
4 Dazu vgl. die magistrale Einführung bei HALLiNGER, Consuetudo; Monastische Reformen, hg.
KOTTJE/MAURER; SEIBERT, Abtserhebungen, S. 172-202.
 
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