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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0031

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1. Zum Begriff der Reichs- bzw. Königsklöster

Mit dem Ende der ostfränkischen Karolinger und dem Übergang ihrer Herr-
schaft auf die sächsischen Liudolfinger ging auch die Hoheit über die bisher zum
Reich gehörenden Klöster auf die neue Herrscherdynastie über.
Bis dahin waren die Reichsklöster durch ihre alten, vor 814 verliehenen Immu-
nitätsrechte von den Königsklöstern mit ihren jüngeren, seit Ludwig dem Frommen
komplementär vom Königsschutz begleiteten Immunitätsrechten zu unterscheiden
gewesen^. Kennzeichen der älteren Immunität war die Verbindung mit dem Vogt-
wahlrecht, das das Reichskloster zu einer »selbständige(n), öffentlich-rechtliche(n)
Persönlichkeit« werden ließb Den seit 814 mit Immunitäten der jüngeren Ausprä-
gung und mit Königsschutz versehenen Königsklöstern fehlte dieses Recht. Ihr Vogt
wurde vom König eingesetzt, sie blieben juristisch Teile einer fremden Immunität,
waren eher »exemt« als immun. Konstitutives Element für die Zugehörigkeit der
Abteien zur Reichskirche war also die hberfas Uz'ygntü, die Berechtigung, den Vor-
steher aus den eigenen Reihen wählen zu dürfen. »Über den Status einer Kirche im
Verband der karolingischen Reichskirche entschieden also letztlich weder ihre Im-
munität noch ihre Aufnahme in den königlichen Schutz, sondern die der königsun-
mittelbaren Kirche zugesprochene licentia eligendi, kraft derer der künftige Abt (...)
aus den Reihen des eigenen Konvents (...) ausgewählt werden sollte«^.
Mit dem Aussterben der ostfränkischen Karolinger bildeten diese Abteien nun,
bei allen sonst verbliebenen Unterschieden, die rechtliche Einheit der hochmittelal-
terlichen »Reichsklöster« und gingen geschlossen als karolingisches Erbe auf die
neue Königsdynastie überb »Das karolingische Erbe war das Reichsgut schlechthin,
das > Reiche im engeren Sinne, wer an ihm Anteil hatte, war selbst ein Teil, ein Glied
des Reiches, wer solches Reichsgut zu Lehen hatte, war Reichsfürst.«^
Diese Reichsklöster waren nach der herrschenden Lehre Theodor Mayers als
Teile bzw. Glieder des Reiches nicht Eigentum des Reiches oder des jeweiligen Kö-
nigs. Vielmehr besaß der Herrscher lediglich die Gewere an den Abteien und ihren
Besitzungen. Diese Gewere gab er den Reichsäbten auf dem Wege der Regalienver-

1 Über die Rechtsstellung der karolingischen Reichs- und Königsklöster vgl. SEMMLER, Traditio;
DERS., Episcopi potestas; DERS., Iussit princeps.
2 MAYER, Fürsten und Staat, S. 42, 217f.
3 SEMMLER, Iussit princeps, S. 120.
4 Zu den hier angesprochenen Entwicklungen vgl. u. a.: FiCKER, Eigenthum; STENGEL, Diplomatik;
MAYER, Fürsten und Staat, S. 215-247; SEMMLER, Traditio; DERS., Iussit princeps.
5 MAYER, Fürsten und Staat, S. 230.
 
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