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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0032

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Der Rechtsstatus der Reichsabteien

leihung durch Fahnenlehen weiter und erhob die Äbte der Reichsklöster dadurch
zu Reichsfürsten. Damit waren die Reichsklöster und ihre Vorsteher also minde-
stens seit dem hohen Mittelalter in das Lehnswesen einbezogen und zu den Lei-
stungen verpflichtet, die sich aus diesem Rechtsverhältnis ableiten ließen. Das
drückte sich unter anderem in der lehnrechtlich begründeten Heerfolgepflicht aus,
die ihren Ausdruck im Heeresaufgebot des Jahres 981 fandL
Die Reichsklöster blieben, wie schon in karolingischer Zeit, eigene Rechtsper-
sönlichkeiten, ausgestattet mit Vogt- und Abtwahlrecht sowie mit einer eigenen, ho-
hen Immunität, die sich nicht lediglich sekundär aus einer Immunität des Königs
oder Reiches ableiten mußte.
Diesen Reichsklöstern im engeren Sinne stand nach Mayer die Gruppe der Kö-
nigsklöster gegenüber. Anders als die Reichsklöster waren die Königsklöster nicht
in das Lehnswesen einbezogen. Ihre Vorsteher wurden nicht mit Fahnenlehen
durch den König investiert. Sie besaßen folglich keine reichsfürstliche Qualität und
hatten keinerlei Pflichten aus einem etwaigen Lehnsverhältnis zum Reich zu erfül-
len. Folgerichtig fehlten die Königsklöster also auch im Heeresaufgebot von 981,
wie sie überhaupt zum königlichen Heer keine Beiträge zu erbringen hatten. Kö-
nigsklöster waren keine eigenständigen Rechtspersönlichkeiten, sondern es han-
delte sich bei ihnen um Königsgut im eigentlichen Sinne, um Eigentum des vom Kö-
nig repräsentierten Reiches.
Anders als die Reichsklöster verfügten die Königsklöster auch in der Regel
nicht über ein eigenes Vogt- und Abtswahlrecht und besaßen nur insofern die Im-
munität, insofern sie diese als Teile des Reiches verliehen bekommen hatten.
Das äußere Zeichen des Unterschiedes zwischen Reichs- und Königsklöstern
stellt das Erreichen des Reichsfürstenstandes im späten Mittelalter dar: Reichsklö-
ster behaupteten nach Mayer in den Reichstagen der frühen Neuzeit eine Viril-
stimme und waren seit dem 15. Jahrhundert in der Reichsmatrikel verzeichnet. Kö-
nigsklöster dagegen konnten auf den Reichstagen lediglich Kuriatstimmen
wahrnehmen und traten in den Reichsmatrikeln nicht in Erscheinung'.
Drei weitere Sondergruppen sieht Mayer zu diesen beiden großen Komplexen
noch hinzutretenk An erster Stelle sind das die Reichsfrauenklöster, deren Vorste-
herinnen ebenfalls keine Reichsfürsten sind und die dem Lehnswesen mindestens
insoweit entzogen bleiben, als für sie nach seiner Ansicht keine Beteiligung am
Reichskriegswesen überliefert istk Als zweite Gruppe sieht er unter den im Laufe
der nachkarolingischen Zeit freigelassenen ehemaligen Eigenklöstern die Reform-
klöster des 11. Jahrhunderts, deren Vogt den Bann vom König pHgnfe aMvüg über-
tragen erhält. Dabei handelt es sich seiner Ansicht nach also um Klöster, die zwar
juristisch keinen Eigenklosterherrn mehr hatten, jedoch ähnlich einem Königsklo-
ster dem König als Staatsoberhaupt unterstanden. Schließlich macht Mayer als

6 Dazu Kapitel III2 dieser Arbeit mit allen notwendigen Nachweisen; vgl. AUER, Kriegsdienst, Teil
2, S. 60f., der MAYERS Folgerungen für die Heerfolgepflicht »jedenfalls ganz sicher unzutreffend«
nennt.
7 Zu diesem Problemkreis einführend: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 53-58.
8 Vgl. dazu MAYER, Fürsten und Staat, S. 87-89, 217-232.
9 Anders HöRGER, Fürstäbtissinnen S. 234-236; AUER, Kriegsdienst, Teil 2, S. 60-64.
 
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