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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0034

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22

Der Rechtsstatus der Reichsabteien

ferenzierte Betrachtungsweise auf das Rechtssystem des Mittelalters anzuwenden.
Zeitgenossen des hohen Mittelalters waren allem Anschein nach und trotz aller ein-
schlägigen Versuche zu einer präzisen und praktikablen Scheidung zwischen
Reichs- und Königsgut im hohen Mittelalter kaum in der LageV Ihre Publizisten
und Geschichtsschreiber zeigten sich erst im Laufe des 11. Jahrhunderts imstande,
Vorstellungen eines nicht nur aus der Person des Königs bestehenden, sondern sein
Leben überdauernden »Staates« zu formulieren^. Eine solche Fähigkeit jedoch wäre
die unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung explizit als »staatsrechtlich«
bezeichneter Betrachtungsweisen der Rechts- und Verfassungsentwicklungen des
hohen Mittelalters.
Der urkundliche Sprachgebrauch für dem Reich unterstehende Klöster ist seit
dem 9. Jahrhundert und bis weit in staufische Zeit hinein praktisch unverändert
und wesentlich weniger differenziert, als daß man ihn zur eindeutigen Bestätigung
der Thesen Mayers heranziehen könnte. Die späten Karolinger und die frühen Ot-
tonen bezeichneten Klöster als mofMsffn'a nosfm, stellten fest, daß sie in ms ff pro-
pn'ffüff/iz Hosfme mgMf ff ünpfrafcnaf (ü'gm'faü's ständen'', sprachen von ZTioiMsffnü
nosfro cmiüfn pafmcbno'^, von den myaffs ff paMUaf aMzafzaf'^ oder den aMzaü'af nosfn
mrz's propnaf^'. Die Königs- und Kaiserurkunden des 9.-12. Jahrhunderts liefern
Dutzende von Belegen weiterer, alles andere als eindeutiger Formulierungen^'. Sie
zeigen insgesamt einen erheblichen Mangel an Präzision des Vokabulars, der ange-
sichts der unstreitigen Präzision des Urkundenformulars im übrigen den Gedanken
aufkommen läßt, daß es um eine präzise Beschreibung des Verhältnisses einzelner
Reichsklöster zum Königtum gar nicht gegangen sei, sondern daß die rechtlich un-
scharf bleibende Feststellung als ausreichend betrachtet wurde, es handele sich bei
der jeweiligen Abtei um ein Glied der Reichskirche.
Jedoch fällt auf, daß die vorhandenen Belegstellen ausschließlich diejenigen
Klöster betreffen, die Mayer als Königsklöster bezeichnet. Nähere Kennzeichnun-
gen der »Reichsklöster«, also derjenigen Klöster, deren Vorsteher fürstlichen Rang
erhielten, unterbleiben in den hochmittelalterlichen Urkunden nahezu völlig. Die
einzige Ausnahme liegt darin, daß einige dieser Reichsklöster, insbesondere Corvey,
Fulda, die Reichenau und Prüm ' bzw. die (nachkarolingischen) Frauenklöster

15 Vgl. die knappen Bemerkungen bei BOSHOF, Königtum, S. 83, 87t., der für die Communis opinio
wiederum MAYER, Fürsten und Staat, nennt und feststellen muß: »Die Terminologie der Quellen
liefert keine sicheren Erkenntnisse.«
16 Klassisch: KANTOROWicz, Zwei Körper; BEUMANN, Staatsvorstellungen. Vermehrte Belege bei:
MiLLOTAT, Staatsvorstellungen (dazu vgl. aber die Rezension in DA 47,1991, S. 684).
17 Oeren 966: MGH DD O I 322 (Kanzleidiktat); zur Echtheit: KÖLZER, Studien, S. 121f.
18 Schildesche 940: MGH DD O I 35 (Magdeburger Diktat).
19 St. Maximin vor Trier 965: ebd. 280 (Kanzleidiktat).
20 Weißenburg/Elsaß 968, dat. 973: ebd. 365 (Kanzleidiktat).
21 Eine repräsentative Zusammenstellung von Belegen für die Nonnenklöster bei HÖRGER, Fürstäb-
tissinnen, S. 203-205. - Aus den Urkunden Ottos I. sei beispielhaft außerdem verwiesen auf MGH
DD O 1169,174, 210, 237,322, 381 und 427; aus den Urkunden Heinrichs II. auf MGH DD H II25,
29,47, 54, 58, 87, 245,463 und 483.
22 MGH DD O II 43 (Fulda, Reichenau, Prüm; 973 f. Weißenburg), O III157 (Reichenau, Fulda; 994
f. Waldkirch), 256 (Corvey; 997 f. Helmarshausen) HII25 (Fulda, Corvey, Reichenau; 1002 f. Mem-
leben aus Dep. Ottos II. von 979 = BöHMER-MtKOLETZKY 936), 47 (Corvey; 1003 f. Helmarshausen)
53 (Fulda, Reichenau; 1003 f. Ellwangen) u. ö.
 
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