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Der Rechtsstatus der Reichsabteien
Zu verweisen ist schließlich auf die für derartige Traditionen von Dyna-
stenklöstern attraktive Vogteipolitik Papst Leos IX., die im Kern auf eine Akzeptie-
rung des eigenkirchlichen Charakters der tradierten Klöster und auf eine Anerken-
nung der erblichen Gründervogtei hinausliefA Es ist in diesem Zusammenhang
kein Wunder, daß seit der Mitte des 11. Jahrhunderts die Reformklöster des
Schwarzwaldes ungleich stärker an Gewicht gewinnen als die von Adligen ge-
gründeten, dem Königtum übertragenen Frauenstifte und Benediktinerabteien.
Die Gründe für die zahlreichen Traditionen von Adelsklöstern an das Reich, im
wesentlichen in der Periode bis zu Heinrich 11., sind kaum generalisierend zu be-
schreiben, jedoch fällt die Parallelität der Herausbildung eigentlicher Familienver-
bände, der Stiftung von Haus- oder Familienklöstern für diese Verbände und der
sukzessiven Auftragung an das Reich auf". Im Verlaufe dieses Prozesses breitet sich
auch der Gedanke der Notwendigkeit der Memoria für die eigene Verwandtschaft
in Adelskreisen aus.
Die günstigste Vorbedingung für ein bleibendes Bemühen um diese Fragen
aber liegt in der Gründung adliger Eigenklöster. Eine gewisse Garantie für ihren Be-
stand in Krisenzeiten bietet ihre Übertragung an das Reich. Kombiniert wird diese
Absicherung mit dem unterschiedlich weit gehenden Einfluß der Stifter im Alltag
der Klöster und Stifte. Die Ausgestaltung dieses Einflusses ist von Fall zu Fall sehr
unterschiedlich. Freilich stellt schon eine nur teilweise erfolgende Übertragung der
Stifterrechte an den König für diesen einen erheblichen Gewinn dar; dieser Gewinn,
nicht der vermeintliche Verlust, der durch die Hinnahme von Reservatrechten der
Stifter zu verzeichnen ist, macht die Tradition von Klöstern und Stiften für die Ot-
tonen attraktiv.
ln salischer Zeit verschwinden Klostertraditionen zu den Bedingungen der ot-
tonischen Zeit vollständig. Andere Instrumente treten an ihre Stelle, vor allem die
Stützung der benediktinischen Reformklöster Hirsauer und anderer Prägung durch
völlig neue rechtliche Formen (»Hirsauer Formular«)^, andererseits die Unterstel-
lung von Adelsklöstern unter den Stuhl Petri zur Erlangung der Libertas Romana^.
Beide Instrumente stellten Formen der Anpassung für die Übergabe geistlicher In-
stitutionen aus weltlicher Hand bereit, wie sie die Traditionen früherer Zeiten nicht
gekannt hatten. Ohne eigenkirchliche Rechte der Tradenten zu akzeptieren, wurden
dennoch weltliche Formen der Einflußnahme auf das Geschehen der Klöster hin-
genommen. ,
36 BLOCH, Klosterpolitik Leos IX.; MAYER, Fürsten und Staat, S. 198-200; THIELE, Klosterimmunität,
S. 42A6. - Kennzeichnende Zusammenfassung durch J. DAHLHAUS, LThKL Bd. 6, Sp. 825: »Die
Privilegien (...) waren vorwiegend für Klöster bestimmt, ohne eine konsequente Kloster-Politik
zu belegen. So wurden auch Laienrechte anerkannt.«
37 Vgl. zu diesen Prozessen die klassische Arbeit von SCHMID, Familie, Sippe und Geschlecht, sowie
daran anschließend PATZE, Adel und Stifterchronik; beispielhaft für eine Familie des hohen Adels:
ALTHOFF, Adels- und Königsfamilien.
38 JAKOBS, Urkunde; JAKOBS, Hirsauer Formular.
39 JAKOBS, Hirsauer, S. 108-118; SZABO-BECHSTEIN, Libertas ecclesiae.
Der Rechtsstatus der Reichsabteien
Zu verweisen ist schließlich auf die für derartige Traditionen von Dyna-
stenklöstern attraktive Vogteipolitik Papst Leos IX., die im Kern auf eine Akzeptie-
rung des eigenkirchlichen Charakters der tradierten Klöster und auf eine Anerken-
nung der erblichen Gründervogtei hinausliefA Es ist in diesem Zusammenhang
kein Wunder, daß seit der Mitte des 11. Jahrhunderts die Reformklöster des
Schwarzwaldes ungleich stärker an Gewicht gewinnen als die von Adligen ge-
gründeten, dem Königtum übertragenen Frauenstifte und Benediktinerabteien.
Die Gründe für die zahlreichen Traditionen von Adelsklöstern an das Reich, im
wesentlichen in der Periode bis zu Heinrich 11., sind kaum generalisierend zu be-
schreiben, jedoch fällt die Parallelität der Herausbildung eigentlicher Familienver-
bände, der Stiftung von Haus- oder Familienklöstern für diese Verbände und der
sukzessiven Auftragung an das Reich auf". Im Verlaufe dieses Prozesses breitet sich
auch der Gedanke der Notwendigkeit der Memoria für die eigene Verwandtschaft
in Adelskreisen aus.
Die günstigste Vorbedingung für ein bleibendes Bemühen um diese Fragen
aber liegt in der Gründung adliger Eigenklöster. Eine gewisse Garantie für ihren Be-
stand in Krisenzeiten bietet ihre Übertragung an das Reich. Kombiniert wird diese
Absicherung mit dem unterschiedlich weit gehenden Einfluß der Stifter im Alltag
der Klöster und Stifte. Die Ausgestaltung dieses Einflusses ist von Fall zu Fall sehr
unterschiedlich. Freilich stellt schon eine nur teilweise erfolgende Übertragung der
Stifterrechte an den König für diesen einen erheblichen Gewinn dar; dieser Gewinn,
nicht der vermeintliche Verlust, der durch die Hinnahme von Reservatrechten der
Stifter zu verzeichnen ist, macht die Tradition von Klöstern und Stiften für die Ot-
tonen attraktiv.
ln salischer Zeit verschwinden Klostertraditionen zu den Bedingungen der ot-
tonischen Zeit vollständig. Andere Instrumente treten an ihre Stelle, vor allem die
Stützung der benediktinischen Reformklöster Hirsauer und anderer Prägung durch
völlig neue rechtliche Formen (»Hirsauer Formular«)^, andererseits die Unterstel-
lung von Adelsklöstern unter den Stuhl Petri zur Erlangung der Libertas Romana^.
Beide Instrumente stellten Formen der Anpassung für die Übergabe geistlicher In-
stitutionen aus weltlicher Hand bereit, wie sie die Traditionen früherer Zeiten nicht
gekannt hatten. Ohne eigenkirchliche Rechte der Tradenten zu akzeptieren, wurden
dennoch weltliche Formen der Einflußnahme auf das Geschehen der Klöster hin-
genommen. ,
36 BLOCH, Klosterpolitik Leos IX.; MAYER, Fürsten und Staat, S. 198-200; THIELE, Klosterimmunität,
S. 42A6. - Kennzeichnende Zusammenfassung durch J. DAHLHAUS, LThKL Bd. 6, Sp. 825: »Die
Privilegien (...) waren vorwiegend für Klöster bestimmt, ohne eine konsequente Kloster-Politik
zu belegen. So wurden auch Laienrechte anerkannt.«
37 Vgl. zu diesen Prozessen die klassische Arbeit von SCHMID, Familie, Sippe und Geschlecht, sowie
daran anschließend PATZE, Adel und Stifterchronik; beispielhaft für eine Familie des hohen Adels:
ALTHOFF, Adels- und Königsfamilien.
38 JAKOBS, Urkunde; JAKOBS, Hirsauer Formular.
39 JAKOBS, Hirsauer, S. 108-118; SZABO-BECHSTEIN, Libertas ecclesiae.