Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0028
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1.2 Quellenlage

27

Vor jedem Konzil sind ferner Beratungen über die geplanten Inhalte sowie
die notwendige Organisation seitens des Veranstalters anzunehmen, insbeson-
dere bei päpstlichen Synoden, die zumeist einen größeren Teilnehmerkreis ver-
sammelten. Von individuell adressierten Einladungen erfährt man nur im Falle
eines Nicht-Erscheinens des Geladenen.* * 69 Ein nicht geringerer Aufwand war von
den Teilnehmern zu erbringen, mussten sie doch ihre Reise organisieren und
bildeten dazu nicht selten Reisegemeinschaften; wenngleich die Eingeladenen
zum Erscheinen verpflichtet waren70 und der Kreis der Reisepartner dadurch
begrenzt war, konnte man ihn sich innerhalb dessen doch nach eigenen Vor-
stellungen wählen.71 Selten genug enthalten die Quellen Hinweise über diesen
Aspekt konsensualer Entscheidungsfindung.
Generell kommen Überlieferungen zu reformerischen Handlungen einzel-
ner Personen häufig nicht über die reine Nennung von Ereignissen hinaus.72 Dass
ein Kloster „reformiert", dass gegen ein simonistisches Vergehen angegangen,
dass konkubinistische Verbindungen von Priestern getrennt wurden, ist
durchaus gut fassbar. Was allzu häufig leider fehlt, sind Beschreibungen und
Datierungen der Vorgänge: Selten werden Namen der Beteiligten genannt, eher
Kollektive als ablehnend oder akzeptierend charakterisiert; selten finden Details
Erwähnung, die Einblicke in den genauen Ablauf der Reformhandlungen bzw.
die darüber stattfindende Kommunikation gewähren; ebenso rar sind genauere
Zeitangaben. Was die vorliegende Untersuchung dennoch möglich macht, ist die
Vielzahl der Vorarbeiten, die bereits einen umfangreichen Grundstock an In-
formationen zu den Reformern, ihren Wirkungsstätten und ihrer Bedeutung
zusammengetragen haben.
Aus ihnen lässt sich auf die Aussagekraft bestimmter Quellen für die vor-
liegende Fragestellung schließen. So ist einerseits das Fehlen einer Lebensbe-
schreibung Heinrichs III., wie sie Wipo für Konrad II. verfasst hat, zu bedauern,
andererseits besitzen die wenigen erhaltenen Tatenberichte über andere Perso-
nen mangelnde inhaltliche Informationskraft.73 Fragen nach Glaubwürdigkeit
und Historizität der Viten Odilos von Cluny scheinen beispielsweise ins Leere zu
laufen;74 es seien hauptsächlich Topoi zu erwarten.75 Zwar lassen sich gelegent-

politangewalt 2009, S. 116, Anm. 120. Zu parallelen Diskussionen für die Traktatliteratur vgl.
Anton, Traktat 1982, S. 64.
69 So beispielsweise beim Erzbischof von Dol 1059/1060, s. unten Anm. 1976f.
70 Vgl. oben Anm. 27f.
71 Vgl. Seibert, Kommunikation 2006, S. 15.
72 Vgl. beispielsweise Schäfer, Studien 1991, S. 116 zu Abt Poppo von Stablo oder Petrus Damiani,
der über Tatsachen schreibe, die er von allen Seiten regelmäßig höre und nicht unbesprochen
lassen wolle, und der zugleich den häufig von seinen Gegnern vorgebrachten kanonischen
Einwänden entgegentreten möchte (ders., Briefe 1, Nr. 40, S. 477, Z. 19f. und S. 481, Z. 16f.).
73 Vgl. Haarländer, Vitae 2000 und s. unten Abschnitt VI.
74 Vgl. Richter, Persönlichkeitsdarstellung 1972, S. 194.
75 Vgl. Neiske, Abt 2005, S. 57 (mit Bezug auf die Viten Odilos und Hugo von Cluny) sowie Richter,
Persönlichkeitsdarstellung 1972, S. 226. - Zur Schwierigkeit der Interpretation von Viten für
Bischofserhebungen vgl. Schütte, Bischofserhebungen 1998, zu Bischofsviten generell Haar-
länder, Vitae 2000.
 
Annotationen