Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0039
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38

I. Einleitung

liehen Horizont (die Jahre 1030 bis 1045) als auch die Thematik der Kommuni-
kationsbeziehungen: Es wird kein spezifisches Thema wie Nikolaitismus fo-
kussiert, sondern sämtliche kirchenreformerisch relevante Kommunikation ab-
gebildet. Die Punkte A bis K symbolisieren jeweils Personen. Entsprechend der
Legende sind die Personen A bis D, J sowie K Religiöse, also Mönche und Ere-
miten, während F einen Laien darstellt und die Personen E, G, H und I zu den
Klerikern gehören. Die Kommunikationsbeziehungen der Personen A bis K
miteinander werden in Form von Pfeilen angegeben,117 welche die Richtung der
Kommunikation vom Sender zum Empfänger anzeigen: So nahm beispielsweise
Person E mit Person A Kontakt auf, ohne dass eine Reaktion von A nachweisbar
ist. Bei den Personen G und H hingegen fand eine wechselseitige Kommunika-
tion statt: G kontaktierte H und H kontaktierte G. Ebenfalls laut Legende sym-
bolisiert die Linienfarbe Orange zwischen den Personen J und K einen Kontakt,
der auf französischem Gebiet stattfand, während alle übrigen Kontakte auf ita-
lienischem Gebiet erfolgten.
Die Personen A bis I stellen eine durch Kommunikationsbeziehungen mit-
einander verbundene Gruppe dar. Sie werden als Cluster bezeichnet und setzen
sich aus zwei Komponenten zusammen: den Personen A bis E als Komponente 1
und den Personen G, H und I als Komponente 2. Die Komponente 1 besteht aus
schwachen, weil einmaligen und einseitigen, Verbindungen, wobei Person E als
Multiplikator fungiert, während A bis D lediglich Informationsrezipienten dar-
stellen und untereinander nicht kommunizieren. Die Komponente 2 hingegen
setzt sich aus starken, weil mehrfachen (vgl. die Pfeildicke) und wechselseitigen
(vgl. die Pfeilrichtungen), Relationen zusammen. Komponente 2 offenbart sich im
Vergleich also als dichter miteinander verbunden und dauerhafter. Über die Per-
son F sind beide Komponenten miteinander verbunden oder anders: F überwindet
ein strukturelles Loch zwischen ihnen. F verfügt damit über eine Autonomie, die
ihr Handlungsoptionen erlaubt: Einerseits könnte F als Brücke beide Kompo-
nenten miteinander verbinden und so für Wissensaustausch sorgen. Andererseits
stellt F sowohl einen Flaschenhals dar, der den Informationsfluss von einer zur
anderen Komponente blocken könnte, als auch einen Kommunikationspartner,
der die beiden Komponenten gegeneinander ausspielen könnte, da sie unterein-
ander nicht kommunikationsfähig sind. Es sollte sich also lohnen, die Rolle von F
detaillierter zu betrachten, zumal es sich bei ihr um die einzige laikale Person
dieses Netzwerks handelt. Solche strukturellen Besonderheiten lassen sich fast
ausschließlich mit netzwerkanalytischen Methoden erkennen.
Gegenüber diesem Cluster aus den Personen A bis I stehen die Personen J
und K isoliert, ohne Verbindungen zu den übrigen Netzwerkteilnehmern. Ihr
Einfluss ist sehr gering und lokal begrenzt, weshalb isolierte Akteure in den im
Folgenden genutzten Netzwerkgraphen nur in Ausnahmefällen Erläuterung
finden.

117 Linien finden nur dann Anwendung, wenn die Richtung des Kontaktes irrelevant ist, beispiels-
weise bei der Darstellung von Verwandtschaftsbeziehungen: Wenn A mit B verheiratet ist, dann ist
B automatisch mit A verheiratet. Pfeilangaben erübrigen sich. Solche Graphen werden als unge-
richtet bezeichnet. In dieser Studie finden ausschließlich gerichtete Graphen Anwendung.
 
Annotationen