Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0190
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III.2 Personelle Aspekte

189

Die Briefe entstanden teils aktiv, um der Einsamkeit seiner Zelle zu entgehen,
teils reaktiv auf schriftliche Bitten hin.* * * * * * * * 1068 Sie dienten als Ersatz für Gespräche, die
wegen räumlicher Entfernung nicht von Angesicht zu Angesicht geführt werden
konnten oder dokumentierten nachträglich persönliche Unterhaltungen und
Diskussionen für die Anwesenden oder auch einen darüber hinausgehenden
Adressatenkreis.1069 Damiani bemühte sich, nichts des Vergessens Würdiges zu
schreiben, sondern ausschließlich Dinge, die der Erbauung dienten, so dass das
Briefeschreiben ihm zum geistlichen Dienst am jeweiligen Empfänger wurde.1070
Dementsprechend sorgfältig kamen die Briefe zustande: Von relevanten geist-
lichen Schriften als Nachschlagewerken umgeben oder aus dem Gedächtnis zi-
tierend, diktierte er meist einem notarius in seiner Zelle. Diese Notizen wurden
von einem antiqucirius ins Reine geschrieben und von einem lector sowie Damiani
selbst auf Richtigkeit geprüft und schließlich auf Pergament übertragen.1071 Das
Verfassen und Niederschreiben von Briefen vollzog sich bei Damiani als ar-
beitsteiliger Prozess, der genau aus diesem Grund störungsanfällig war: Durch
den Ausfall einzelner Prozessschritte geriet der ganze Kommunikationsvorgang
in Stocken.1072 Es brauchte aber mehr als fehlende Schreiber, Kopisten und
Lektoren, um einen Petrus Damiani vom ausführlichen Schreiben abzuhalten.1073
Selbst die Widrigkeiten des Reisens ließen seine Autorschaft keineswegs zum
Stillstand kommen, sei es doch immer noch besser zu stammeln als Wichtiges
gänzlich zu verschweigen.1074

unbekannten Mann getäuscht zu haben: Keine Regung sei seitens Heinrichs zu vernehmen
gewesen, so dass Damiani sich fortan mit der synodalen Autorität Roms zufrieden geben wolle:
Ebd., Nr. 40, S. 512, Z. 12-18: „Sed quoniam ab eo [Heinrico, A.L.] super hac questione ne tenuem
quidem scintillam solutionis exculpere potui, auctoritate sedis apostolicae me contentum esse decrevi, ut
quicquid eins synodalifuerit censura praefixum, hoc mihiproculdubio sit autenticum, hoc certe canonicae
videatur auctoritatis vigore subnixum." - Dass Damiani sich nicht erneut an Leo um Autorisierung
wandte, hängt wohl mit Unstimmigkeiten zwischen den beiden zusammen, über die inhaltlich
und zeitlich nur andeutungsweise etwas bekannt ist (ebd., Brief 33, datiert auf 1050-1054).
1068 Aus Langeweile (Petrus Damiani, Briefe 2, Nr. 62, S. 219) oder auf Bitten (ders., Briefe 3, Nr. 114;
vgL Reindel, Briefe 1996, S. 143).
1069 Als Gesprächsersatz (Petrus Damiani, Briefe 3, Nr. 97, S. 65, Z. 3f.), als Dokumentation für die
Nachwelt (ders., Briefe 1, Nr. 17, S. 156, Z. 5-8; Briefe 3, Nr. 150, S. 555, Z. 7f.) und Erweiterung des
Rezipientenkreises (ebd., Nr. 19). VgL Reindel, Petrus 1975, S. 217.
1070 Ders., Briefe 2, Nr. 82, S. 442, Z. 2-8 und Briefe 3, Nr. 109, S. 201. VgL Reindel, Briefe 1996, S. 143.
1071 Reindel, Briefe 1996, S. 143f.
1072 Personalmangel bei Petrus Damiani, Briefe 3, Nr. 96, S. 50, Z. 21-24 und 53f.; vgl. Reindel, Briefe
1996, S. 144.
1073 Trotz zweimaliger Erwähnung fehlender Helfer im eben genannten Brief 96 umfasst dieser 428
Zeilen in der Edition Reindels. Im Durchschnitt sind Damianis Briefe etwa 243 Zeilen lang, was
aufgrund mehrerer Fragmente zwar nicht die Realität spiegelt, aber zumindest erkennen lässt,
dass Brief 96 keineswegs zur Vielzahl der kürzen Briefe von 10-60 Zeilen Umfang gehört.
1074 Petrus Damiani, Briefe 1, Nr. 14, S. 146, Z. lf.: „Dilectissime, licet in itinere constitutus nequeam
elimate quid scribere, reccius tarnen iudico rem necessariam utcumque signare, quam penitus silencio
praeterire.“ Ders., Briefe 3, Nr. 99, S. 98, Z. 3-5: „In expeditionis exercitio constitutidigne non possumus
eisdem manibus et stili currentis articulum texere, et frenis equorum fluitantibus, ut dignum est, de-
servire. Sed licet melius sit luculenter eloqui quam mutire, verumtamen cum necessitas imminent, melius
est utcumque mutire quam penitus obmutescere.“ Der Brief endet mit den Worten S. 100, Z. 19f.: „Sed
 
Annotationen