Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0351
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
350

VI Kirchenreformer in der Mitte des 11. Jahrhunderts

den.1810 Erst auf Intervention der Bischöfe Bruno von Toul, Dietrich II. von Metz
und Richard von Verdun stimmte Heinrich diesem Verfahren zu, so dass Hali-
nard die Investitur mit Lyon gratis, also ohne Gegenleistung in Form des servi-
tium regis, empfangen konnte.1811 Ob entweder der Kaiser aufgrund Halinards
kritischer Haltung einer Vermischung geistlicher und weltlicher Rechte gegen-
über nicht dem Wunsch der römischen Gesandtschaft folgte oder Halinard
freiwillig auf die cathedra Petri nach dem Tod von Papst Damasus II. verzichtete,
bleibt umstritten.1812 Seine Tätigkeiten in Lyon und St-Benigne stellte Halinard
jedenfalls zugunsten des neuen Papstes Leo zurück, den er oft begleitete und auf
Synoden unterstützte, den er aber ebenso in Rom vertrat.1813 Schrör vermutete in
diesem Zusammenhang einerseits ein Untergehen seiner Bedeutung inmitten
der übrigen berühmten Reformkräfte, dabei jedoch zugleich eine Art Sonder-
stellung als ,Vizepapst', die mit Rekompensationen und Befugnissen für den
Verzicht auf das Papstamt zu begründen seien.1814 Halinard starb am 29. Juli 1052
in Rom, allem Anschein nach an einer Fischvergiftung.1815

1810 Die Eidesverweigerung wurde oft diskutiert und findet Eingang in jede Darstellung einer
Vorgeschichte des Investiturstreites. Vgl. hier (abgesehen von den Überblickswerken zum
Investiturstreit) nur Laudage, Priesterbild 1984, S. 132; De Vregille, Hugues 11981, S. 111-113; H.
Hoffmann, Cluny 1963, S. 178f.; Violante, Pataria 1955, S. 55. - Auch sein Lehrer Wilhelm von
Volpiano soll den üblichen Treueid gegenüber dem Ortsbischof Petrus III. von Vercelli verwei-
gert haben, was nicht allein auf persönliche Animositäten zurückgehe, sondern mit Wilhelms
Ansicht über die Trennung von Mönchtum und Diözese zusammenhinge, so d'Acunto, Mo-
nachesimo 2006, S. 287.
1811 S. unten Anm. 1844. Zu den Besonderheiten dieser Erhebung gehört die Unterzeichnung von
König Heinrich, Papst Gregor VI. und Erzkanzler Hugo von Besangen.
1812 Halinard war Kandidat der stadtrömischen Partei gewesen, welche ihn dem Kaiser empfahl, vgl.
Chron. S. Benigni Divionensis, S. 236, Z. 12L; zuletzt ausführlich dazu Schrör, Papa 2005, vgl.
auch De Vregille, Leon IX 2006, S. 337.
1813 Halinard nahm an der römischen Synode im Februar 1049 teil (JL 4153), befand sich Ende Mai
mit Leo in St-Maurice d'Agaune (De Vregille, Hugues 1 1981, S. 133) und wohnte auch der
Reimser Versammlung im Oktober bei (JL 4176). Anschließend blieb er bis Verdun und Metz im
Gefolge Leos (JL 4185: Synode und Kirchweihe von Verdun Oktober 1049) und nahm auch an der
Lateransynode im Mai 1050 teil (JL 4219f.). Er begleitete den Papst auf seiner zweiten Reise über
die Alpen via Florenz, Vercelli, St-Maurice dAgaune, Romainmoutier, Besangen (zur Weihe von
St-Evre) und Langres, wo er seinen neuen Suffragan Harduin weihte, bis nach Toul. Vgl. au-
ßerdem De Vregille, Hugues 1 1981, S. 149, 156, 159 (Rom April 1050), 162-164 (Romainmötier
September 1050), 164f. (Besangen Oktober 1050), 168f. (Langres), 169 (Toul bis Anfang No-
vember 1050). Danach trennten sich wohl die Wege von Erzbischof und Papst - erst im Mai 1052
sehen wir sie wieder zusammen in süditalischen Angelegenheiten (De Vregille, Hugues 1 1981,
S. 173f.).
1814 De Vregille, Leon IX 2006, S. 337; Schrör, Halinard 2006, Sp. 613. Ausführlicher in ders., Papa
2005, S. 39-50.
1815 Vgl. Chronique de St. Benigne, S. 192; De Vregille, Hugues 1 1981, S. 174f. Ob es sich tatsächlich
um eine vorsätzlich herbeigeführte Vergiftung handelte, wie der Chronist nahelegt, ist nicht
mehr zu erweisen.
 
Annotationen