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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0350
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VI.2 Kleriker

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1064 noch kein Erfolg in der Sache zu verbuchen.1804 Gervasius setzte sich indes
nicht allein auf päpstliche Direktive hin für die Anliegen der Kirchenreform ein,
sondern zeigte ein besonderes Interesse für ein vorbildliches Leben des Klerus:
Am 13. Juni des Jahres 1064 erneuerte er im Einverständnis mit Abt Herimar von
St-Remis, dem die Kirche St-Timothee-et-Apollinaire unterstand, die Lebens-
weise der dortigen Kleriker, indem er zwölf Präbenden einrichtete.1805 Zwar
fehlen im Gründungsakt nähere Hinweise auf die dort zu befolgende Regel, doch
weist die Zahl von zwölf Präbenden wie auch Gervasius' zweites Engagement in
St-Denis auf ein urkirchliches Vorbild. Dort richtete er etwa in der gleichen Zeit
eine Kanonikergemeinschaft ein, welche nach der Augustinusregel gemein-
schaftlich und ohne Privatbesitz leben sollte.1806 Dieses Unterfangen hatte Ger-
vasius seit etwa 1060 betrieben, indem er zunächst eine Reform des Reimser
Kathedralkapitels als Ganzes ins Auge gefasst hatte, die sich jedoch als un-
durchführbar erwies. Anstatt die störrischen Kleriker weiterhin zu bedrängen,
entschloss Gervasius sich zum Neuanfang für die Reformwilligen: Auf den
Ruinen der Kirche St-Denis ließ er neue Gebäude aufführen und dotierte die
Einrichtung, welche 1067 abgeschlossen war, großzügig. Er ernannte Oudry, den
Propst des Kathedralkapitels, zum neuen Vorsteher der Gemeinschaft, welche
apostolisch unter Verzicht auf Eigenbesitz lebte und später ihren Vorsteher frei
und ohne erzbischöflichen Einfluss wählen durfte.
VI.2.2.13 Halinard von Sombemon, Abt von St-Benigne und
Erzbischof von Lyon
Der aus burgundischem Adel stammende Mönch Halinard1807 lehnte im Ge-
gensatz zu seinem langjährigen Freund Erzbischof Hugo von Besannen einen zu
engen Kontakt zwischen regnum und sacerdotium ab.1808 Als Schüler des Dijoner
Reformabtes Wilhelm von Volpiano, der ihn zu seinem Nachfolger in der clu-
niazensisch beeinflussten Reformabtei St-Benigne einsetzte, erlebte Halinard
einige Auseinandersetzungen mit König Robert dem Frommen von Frank-
reich.1809 Nachdem er 1041 den Wunsch der Lyoner Gemeinde nach seiner Pro-
motion zum Erzbischof zurückgewiesen hatte, wollte Halinard denselben 1046
nur unter der Bedingung erfüllen, dass König Heinrich auf den üblichen Treueid
verzichtete, da Bibel und Benediktinerregel das Schwören untersagen wür-

1804 Alexandri II epistolae, Nr. 19 (1063) und 23 (1064); Demouy, Genese 2005, S. 408.
1805 Vgl. Demouy, Genese 2005, S. 88, 282.
1806 Zur Reform in St-Nicaise und St-Denis vgl. ebd., S. 89, 325.
1807 Halinard wird häufig aufgrund seiner Treueidsverweigerung im Vorfeld des Investiturstreites
thematisiert, daher lediglich eine Literaturauswahl zu seiner Person: W. Goez, Kirchenreform
2008, S. 92-101; Parisse, Entourage 2006, S. 444f.; De Vregille, Leon IX. 2006, S. 336f.; Schrör, Papa
2005; Galland, Role 2002; Engelbert, Heinrich III. 1999, S. 228f.; De Vregille, Hugues 1 1981,
Register S. 465; Bulst, Untersuchungen 1973, S. 203f.; H. Hoffmann, Cluny 1963, S. 177-181; De
Vregille, Dijon 1959; Rony, Halinard 1926/27.
1808 Hugo und Halinard waren eng befreundet: Chronique de St. Benigne, S. 192. Vgl. De Vregille,
Hugues 1 1981, Register S. 465.
1809 Vgl. H. Hoffmann, Cluny 1963, S. 176-178.
 
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