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Deutscher Museumsbund [Mitarb.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 9.1913

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Schottmüller, Frida: Die Entwicklung der römischen Museen II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.73730#0104

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Schottmüller, Die Entwicklung der römischen Museen.

während des Exils von Avignon ganz verfallen war, durch Domenico Fontana wieder-
herstellen und vergrößern lassen; und Paris Nogari, Baldassare Croce, Ventura
Salimbeni, G. B. Ricci, Andrea d'Ancona und andere haben den prächtigen Barock-
palast ausgemalt r). Unter Clemens XII. ward er durch Alessandro Galilei vollendet.
Aber nur kurze Zeit hat er den Päpsten als Residenz gedient, ward nur gelegentlich
für Versammlungen und bei Kirchenfestlichkeiten benutzt. Unter Innozenz XII.
ward er zu einem Waisenhaus für Mädchen 2), während der napoleonischen Herrschaft
ein Arbeitshaus für Männer. Erst Gregor XIV. bestimmte ihn wieder für edlere
Zwecke und begründete hier — vermutlich weil der Vatikan nicht mehr disponible
Räume enthielt — ein Skulpturen-Museum, das als wertvollste Schätze das große
Athletenmosaik aus den Caracallathermen und die Sophoklesstatue erhielt und in
der Folgezeit bedeutend vermehrt ward.
Die Sammlung selbst steht nach Umfang und Bedeutung weit hinter der im
Vatikan zurück. Doch hat sie einen Vorteil, der freilich in der Aufstellung nicht
berücksichtigt und darum unwirksam geblieben ist. Denn neben antiken Bildwerken
enthält der päpstliche Palast noch eine reiche Sammlung altchristlicher Skulpturen.
Und zweifellos hat Julius Lange recht: Es ist ein Unding, Gruppen von Kunst-
werken zu trennen, die zu gleicher Zeit am gleichen Orte entstanden und in der Dar-
stellungsweise abhängig sind von einer Tradition. Einzig weil hier christliche, dort
heidnische Gedankenkreise verbildlicht wurden. Man könnte mit demselben Rechte
die Werke eines Künstlers, etwa Botticellis, in zwei verschiedenen Museen unter-
bringen. Leider hat man bisher in keiner größeren Sammlung aus dieser Erkenntnist
die praktischen Schlußfolgerungen gezogen; und wie lehrreich wäre etwa die Zu-
sammenstellung eines heidnischen und eines altchristlichen Sarkophags von gleichem
Stil oder antiker Lampen aus der gleichen Fabrik, die heute wegen ihrer verschieden-
artigen Symbole getrennt aufgestellt sind.
Auch im Lateran scheint das Zusammengehörige nur zufällig im selben Hause
zu stehen. Denn bei der neuerlichen Wiederherstellung der Räume hat man es bei
der strengen Scheidung in Museo Profano und Museo Cristiano belassen. Freilich,
man darf nicht erwarten, daß die Sammlungen des obersten Kirchenfürsten mit
solcher Tradition besonders früh brechen.
Das Antikenmuseum nimmt den größten Teil vom Erdgeschosse ein: sechzehn
Säle, die in langen Fluchten den quadratischen Hof auf drei Seiten umschließen. Die
hochgelegenen Fenster sind unten durch Läden abgeblendet; die Wände schlicht,
ohne Teilungen, aber durch verschiedenfarbigen Anstrich — pompejanisches Rot,
stumpfes Geld und helles, warmes Grün — ward Abwechslung in der Milieuwirkung
angestrebt. Freilich neben den Prachtsälen des Vatikan, wo rechteckiger Grundriß
mit rundem und Tonnengewölbe mit Kuppeln und flachen Decken wechseln und

') G. Melchiorri, Guida metodica di Roma. 1868. S. 466.

2) Volkmann, Historisch-kritische Nachrichten von Italien. II. 1770. S. 185.
 
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