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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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IV. Der Pfarrbezirk Rüdesheim
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1. Rüdesheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0261

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Büdesheim

241

IV. Der Pfarrbezirk Rüdesheim.
1. Rüdesheim.
Während im Pfarrbezirk Geisenheim das Mainzer Domkapitel als alleiniger
Zehntherr erscheint, gehörte im Bezirke der Rüdesheimer Kirche ein bedeutender
Teil des Zehnten dem Viktorstift. Es rührt dies daher, dass letzterem 1143
(Sr 202) der Zehnte des salischen Landes verliehen war. Wie ich schon unter
Geisenheim ausführte, kann in der dortigen Gemarkung der erzbischöfliche
Landbesitz keinen grösseren Umfang gehabt haben, während innerhalb der Rüdes-
heimer Gemarkung das Erzstift neben den zu dem dortigen Gutshof (Sr 176)
gehörigen, angebauten Feldern und Weingärten sich frühzeitig noch den Besitz
grösserer unbebauter Landstriche gesichert haben muss. Dass innerhalb der
Rüdesheimer und Eibinger Gemarkung noch im 11. Jahrhundert unbebautes
Land in ausgedehntem Masse vorhanden war, über das der Mainzer Erzbischof
das Verfügungsrecht besass, bezeugt uns die oben (S. 83) schon erwähnte
Urkunde Erzbischof Bardos (1031 —1051), in der dieser den Einwohnern von
Rüdesheim und Eibingen bedeutende, gebirgige, bis dahin unbenutzt gebliebene
Strecken zur Anlage von Weinbergen gegen eine jährliche Zehntabgabe von
40'Fuder Wein überlässt (Sr 114).
Diese Urkunde ist kulturgeschichtlich von grossem Interesse. Sie zeigt
uns, dass die in der Rüdesheimer Gemarkung befindlichen steilen Felsabhänge,
so sehr sie gerade die Entwicklung der edelsten Rebensorten begünstigen, so
lange noch anderes Feld zur Verfügung stand, äusser acht gelassen waren.
Ihre Bebauung erschien als zu schwierig und kostspielig, zumal der dort nur
mit besonderer Mühe zu bearbeitende Fruchtboden oft erst künstlich aufgetragen
werden musste und dabei der Gefahr ausgesetzt blieb, durch verheerende
Unwetter wieder weggespült zu werden.
Das Viktorstift hatte infolge des ihm von Erzbischof Fleinrich I. verliehenen
Anrechtes auf den Zehnten des salischen Landes in Rüdesheim sehr beträcht-
licheiEinnahmen. Aus Zaun, der nur die rheingauischen Pfarrarchive für seine
,Beiträge zur Geschichte des Landkapitels Rheingau‘ benutzt hat, gewinnen wir
über diese Dinge keine irgendwie hinreichende Vorstellung. Wenn auch die
Originalakten des Viktorstifts verloren gegangen sind, so gibt uns doch die
Epitome des Archivs dieses Stifts einen Einblick in diese Verhältnisse, die ich
hier wenigstens in aller Kürze berühren möchte, da der Zehnte des Viktorstifts
auch in hier zu behandelnden Urkunden eine Rolle spielt.
Wie in Eltville, besass das Stift auch in Rüdesheim einen Gutshof (Sr 776),
den der Propst Werner von Bolanden im Jahre 1309 mit einem anderen adeligen
Hofe vertauscht, indem er zugleich zu dessen Verbesserung der Stiftspropstei
die Summe von 26*/2 Mark kölnisch schenkte. Aus diesem Besitz überwies
der Propst 1312 für die Dauer seines Lebens dem Kapitel jährlich ein Fuder
fränkischen Weins (Sr 1489). Wie über diesen Gutshof, so scheint bis ins
15. Jahrhundert die Verfügung über den Rüdesheimer Zehnten, soweit ihn das
Stift beanspruchen konnte, dem Propste allein zugestanden zu haben. Wenigstens
NASS. ANNALEN, Bd. XLV. 16
 
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