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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 1.1926/​1927

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Dexel, Walter: Reklame im Stadtbilde
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https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0067

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Izulächelt, überfehen wir in der Eile. Die Zeiten, als wir noch gemütlich fpazieren
gingen und Lust hatten, Bildchen ausgiebig zu betrachten und womöglich eine
lange Gefchichte dazu zu lefen, lind bei uns jedenfalls vorüber — nicht allent-
halben, natürlich! In Rufjland etwa,auf dem Lande, wo der Bauer häufig nicht
lefen und fchreiben kann, wirbt man mit einer langen Bildergefchichte und
erzielt glänzende Erfolge damit —in diefem extremen Falle ift das Bild fogar
das einzig brauchbare Inftrument der Mitteilung und Werbung.
In der modernen Grofjftadt brauchen wir Klarheit, Knappheit und überficht-
lichkeit. Die Ware gehört nicht auf Bilder, sondern ins Schaufenfter, das fo
organifiert fein mufj, dafj alle Aufmerkfamkeit, die zur Verfügung fteht, der
Ware zu gute kommen kann.
Vor Witzen, Figuren, Attraktionen bleibt das Publikum zwar ftehen, aber es
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betrachtet die „Attraktionen und nicht die Waren. Immer heben wir es, rreile

zu fehen,denn fie fchaffen Klarheit, entheben uns der Mühe des Nachfragens,
verkürzen den pfychologifchen Weg vom Anreiz durch die Ware bis zum
Kaufentfchlufj, denn fie räumen entweder Hemmungen aus dem Wege, oder
fie halten uns von vornherein ab. Auch dann haben wir eine klare Sachlage,
die Zutrauen erweckt und dem Kaufmann bei nächfter Gelegenheit zu gute
kommt.

Man geize nicht mit dem Raum, der der Reklame zur Verfügung fteht, indem
man ihn um jeden Preis auszufüllen trachtet. Fläche, Farbe und Schrift tragen
zu gleichen Teilen zur Wirkung bei und der leere Raum im Schaufenfter, auf
dem Schild, Plakat oder Transparent arbeitet ebenfo ftark wie der befchriftete
oder mit Waren bedeckte.

Grundlegende Änderungen find erforderlich im Verhältnis der Aufjenreklame
zur Architektur.

Das erfte gute Beifpiel einer einheitlichen Durchformung von Architektur und
Werbung ift dasCafedeUnie des holländifchen Architekten 1.1. P. Oud in Rotter-
dam, Abb. 6, dem in Deutfchland verfchiedene Verfuche ähnlicher Art gefolgt
find: das Haus des Berliner Verkehrsvereins von Dr. Mahlberg mit Kofina und
der Wachthof (Berliner Wach-und Schliefjgefellfchaft) von Arthur Korn, Abb. 5.
Solange die ideale Forderung, dafj neu zu erbauende Gefchäftshäufer und
Strafjen alle für die Reklame erforderlichen Flächen und Vorrichtungen von
vornherein vorfehen, fchon aus dem Grunde nicht erfüllt werden kann, weil
Neubauten im Kern unferer Grofjftädte nur fehr vereinzelt vorkommen können,
mufj die Reklame in irgend einer Form fich mit der vorhandenen Architektur
in Einklang zu fetzen fuchen. Das heifjt, fie mufj fich den Gegebenheiten des
Haufes und der Strafje anpaffen, nicht im Sinne des Zurücktretens, des fich
Verfteckens, fondern im Sinne der gegenfeitigen Steigerung.
Statt Schilder und Transparente, die keinMenfch mehranfieht,finnlos zu häufen,
verwende man fie mit Auswahl und fo, dafj fie wirken können. Zwifchen den
Fenfterreihen, über und unter den Schaufenftern, fogar am Sockel des Haufes

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