Bild 28: KURSIVE ix JH.
nicht dem Wortbilde. Sie reihen (ich zur Zeile, wie die Figuren auf den Reliefs ■ , ,
der Trajans-Säule, ohne von ihrer Vereinzelung etwas aufzugeben. r|_AUXU.C£>G LtICb j-lUUo iTiC
In der Kurrentfchrift des antiken Werktages wird aus klaffifcher Ruhe Schreib- j^^JK^ ""C01JO^TClTTC~lTllTll
flüchtigkeit. Die mit dem Griffel in die wächferne Schicht der Holz- oder
Elfenbein-Tafel eingeritzte ältere Römifche Kurfive zerlegt die Formen in Ein- Bild 27: irische Schrift vil. jh.
zelftriche. Diefe werden mit der leicht über den Papyrus dahingleitenden
Rohrfeder der jüngeren Römifchen Kurfive aufs neue miteinander verbunden
und es entftehen die Kleinbuchstaben. fc-oAorxlywnXixm omnef rogcfum
Die heute noch lesbaren Schriften der Unziale und Halbunziale find künft- uerf^nxaonef fcrmarvec
lerifche Geftaltungen diefer „Nafur'-Schriffen. Der Formenkontraft der römi- Qj^<r^p™pcrem\poucrrre''aC.
fchen Verfallen ift bei der Unziale umgewandelt in Formenverwandtfchaft. tnopcmcuinonefc xAuaar'
Magifche Verbundenheit der Formen, die an Miniaturen und Mofaiken er-
innert, auf denen weitgeöffnete Augen über den Goldgrund hinweg ein-
ander fuchen. Die Halbunziale des 6. Jahrhunderts ift die ältefte künftlerifche
Formung der Kleinbuchftaben. Wir find bis jetjt dem „menfchlichen" Haupt- frf c^v*£**** ^xc^e\Jvx £-vyp °
ftamm der Schriffgefchichte gefolgt. Nun veräftelt er fich zu den provinziellen c^V^if** $x4\&xvvi4 o£
Eigenarten der weftgotifchen, merowingifchen, und langobardifchen National- _cj-t öwrm<^ et cyM- p5-vtfvf
fchriften. Spezialifierungen, die wir zum „Tierreich" der Schriffgefchichte zählen ^ovift^x^wf- c|vt*- c*m^c fix
müffen. Doch die Schreibfchulen Karls des Grofjen greifen auf die älteren ^ <^£x\ ic (^FqwtGK aCe<
Formen der Halbunziale zurück. Es entfteht die Karolingifche Minuskel. Bevor
fie ihre wohlverdiente Herrfchaft über die Erde antritt, entläßt fie noch einen
Seitentrieb aus fich, die jüngfte der europäifchen, die Gotifche Schrift. Die Bild 29: franz. Handschrift xvi.jh.
Humaniften, die in den Goten die Zerftörer der antiken Welt fahen, haben
das Wort aufgebracht: es hat mit den Goten nichts zu tun. Die Schrift wird
eckig, eng; ihre Formen werden bis zur Unkenntlichkeit einander angeglichen.
So entftehen in der Zeit vom 9. bis 15. Jahrhundert die gotifchen Buch- und
Kurrentfchriften. Aus ihrer Vermlfchung find nach der Erfindung der Buch-
druckerkunff die verfchnörkelten Kanzleifchriften hervorgegangen, die der
Fraktur zur Vorlage gedient haben. Es find letjte Ausläufer feitlicher Abzwei-
gungen, die immer weiter fortgeftrebt haben von der „Mitte".
Der Humanismus greift dann über alle diefe Spezialifierungen auf die alten
Formen der karolingifchen Schrift zurück. Und die humaniftifche Minuskel,
die fich von der karolingifchen oft nur durch das Tüpfelchen auf dem i unter-
fcheidef, wird zum Vorbild der Antiqua. Nicht der Zufall, fondern das Nicht-
Spezialifierte, das „Menfchliche" an ihr hat fie zur Weltletter beftimmt. Faft
alle Nationalfchriffen find ihr zum Opfer gefallen. bild 30: humanistische minuskel xv. jh.
Dieentfeheidende Wandlung von der Halbunziale zur heutigen Kleinbuch- _ *
ftabenform hat fich in den Schreibfchulen Karls des Groden vollzogen. Wenn tniriftot-oWeitaöxn. ^nunequoam
fie auch nicht alle auf reichsdeutfehem Boden waren, fo könnte fich der nationale pUc^ftfeotraioincpao^ut parefVftu
Stolz damit zufrieden geben. Auf die gotifche Schrift, die man zu Unrecht ^ cxccücntititnuirorummaonifica,
deutfeh gezeichnet, haben wirviel geringeren Anfpruch. Nur die Unwiffenheit ' ectxjmte^.cutna)^_u^|;COTOlr
kann im Namen der nationalen Würde fordern, dafj der Deutfche ewig an <|U£C|'pctxrui i'
86
nicht dem Wortbilde. Sie reihen (ich zur Zeile, wie die Figuren auf den Reliefs ■ , ,
der Trajans-Säule, ohne von ihrer Vereinzelung etwas aufzugeben. r|_AUXU.C£>G LtICb j-lUUo iTiC
In der Kurrentfchrift des antiken Werktages wird aus klaffifcher Ruhe Schreib- j^^JK^ ""C01JO^TClTTC~lTllTll
flüchtigkeit. Die mit dem Griffel in die wächferne Schicht der Holz- oder
Elfenbein-Tafel eingeritzte ältere Römifche Kurfive zerlegt die Formen in Ein- Bild 27: irische Schrift vil. jh.
zelftriche. Diefe werden mit der leicht über den Papyrus dahingleitenden
Rohrfeder der jüngeren Römifchen Kurfive aufs neue miteinander verbunden
und es entftehen die Kleinbuchstaben. fc-oAorxlywnXixm omnef rogcfum
Die heute noch lesbaren Schriften der Unziale und Halbunziale find künft- uerf^nxaonef fcrmarvec
lerifche Geftaltungen diefer „Nafur'-Schriffen. Der Formenkontraft der römi- Qj^<r^p™pcrem\poucrrre''aC.
fchen Verfallen ift bei der Unziale umgewandelt in Formenverwandtfchaft. tnopcmcuinonefc xAuaar'
Magifche Verbundenheit der Formen, die an Miniaturen und Mofaiken er-
innert, auf denen weitgeöffnete Augen über den Goldgrund hinweg ein-
ander fuchen. Die Halbunziale des 6. Jahrhunderts ift die ältefte künftlerifche
Formung der Kleinbuchftaben. Wir find bis jetjt dem „menfchlichen" Haupt- frf c^v*£**** ^xc^e\Jvx £-vyp °
ftamm der Schriffgefchichte gefolgt. Nun veräftelt er fich zu den provinziellen c^V^if** $x4\&xvvi4 o£
Eigenarten der weftgotifchen, merowingifchen, und langobardifchen National- _cj-t öwrm<^ et cyM- p5-vtfvf
fchriften. Spezialifierungen, die wir zum „Tierreich" der Schriffgefchichte zählen ^ovift^x^wf- c|vt*- c*m^c fix
müffen. Doch die Schreibfchulen Karls des Grofjen greifen auf die älteren ^ <^£x\ ic (^FqwtGK aCe<
Formen der Halbunziale zurück. Es entfteht die Karolingifche Minuskel. Bevor
fie ihre wohlverdiente Herrfchaft über die Erde antritt, entläßt fie noch einen
Seitentrieb aus fich, die jüngfte der europäifchen, die Gotifche Schrift. Die Bild 29: franz. Handschrift xvi.jh.
Humaniften, die in den Goten die Zerftörer der antiken Welt fahen, haben
das Wort aufgebracht: es hat mit den Goten nichts zu tun. Die Schrift wird
eckig, eng; ihre Formen werden bis zur Unkenntlichkeit einander angeglichen.
So entftehen in der Zeit vom 9. bis 15. Jahrhundert die gotifchen Buch- und
Kurrentfchriften. Aus ihrer Vermlfchung find nach der Erfindung der Buch-
druckerkunff die verfchnörkelten Kanzleifchriften hervorgegangen, die der
Fraktur zur Vorlage gedient haben. Es find letjte Ausläufer feitlicher Abzwei-
gungen, die immer weiter fortgeftrebt haben von der „Mitte".
Der Humanismus greift dann über alle diefe Spezialifierungen auf die alten
Formen der karolingifchen Schrift zurück. Und die humaniftifche Minuskel,
die fich von der karolingifchen oft nur durch das Tüpfelchen auf dem i unter-
fcheidef, wird zum Vorbild der Antiqua. Nicht der Zufall, fondern das Nicht-
Spezialifierte, das „Menfchliche" an ihr hat fie zur Weltletter beftimmt. Faft
alle Nationalfchriffen find ihr zum Opfer gefallen. bild 30: humanistische minuskel xv. jh.
Dieentfeheidende Wandlung von der Halbunziale zur heutigen Kleinbuch- _ *
ftabenform hat fich in den Schreibfchulen Karls des Groden vollzogen. Wenn tniriftot-oWeitaöxn. ^nunequoam
fie auch nicht alle auf reichsdeutfehem Boden waren, fo könnte fich der nationale pUc^ftfeotraioincpao^ut parefVftu
Stolz damit zufrieden geben. Auf die gotifche Schrift, die man zu Unrecht ^ cxccücntititnuirorummaonifica,
deutfeh gezeichnet, haben wirviel geringeren Anfpruch. Nur die Unwiffenheit ' ectxjmte^.cutna)^_u^|;COTOlr
kann im Namen der nationalen Würde fordern, dafj der Deutfche ewig an <|U£C|'pctxrui i'
86