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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 1.1926/​1927

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Heinitz, Wilhelm: Irrationale Prophezeihungen dem Jazz
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https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0193

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Bild 26: SÜDDEUTSCHES SCHELLEN KOSTÜM

Bild 27: DIE ERSTEN SAXOPHONE

werk feines Willenszu zwingen. Wille, von Menfchen an Mafchinen abgetreten,
Wille als Diktator des Intellekts, Wille als Grundfatj konduktiver Beherrfchung
organifcher und anorganifcher Form: das ift das Ziel neuer Mufikanten.
Wurde folche Löfung geprägt? Nein. Sie wuchs. Klaffik fehnte fich nach ge-
fügtem Ausmafj ins Breite. Klaffik fchnitt die fcharfen Umriffe der Tempel des
beherrfchten Klanges. Romantik legte weiche und reiche Farben um den Bau,
bis fich das Licht in die Säulen hineinfrafj und fie fentimental verwitterte. Der
neue Klang aber will nicht beherrfcht fein. Er will herrfchen. Will nicht gefügt
fein. Er will fügen. Will fich nicht dem Intellekt mufikalifcher Tapetenmufter-
zeichner beugen. Weder ihrem Intellekt noch ihrem Wiffen; denn der neue
Klang will irrational fein bis zur — Sachlichkeit.

Auf diefem Wege fand er feinen Mäzen Jazz. Und es brach ihm ein Wahn
aus. Nichts wurde ihm unausfprechlich genug, um Dienft zu tun am Werk des
Willens. Er faftete fich entlang an den Masken exotifch gezähmter Trieb-
haftigkeit. Und wurde taub daran. Wie die romantifchen Sucher, die fich voll-
fogen an Fünf-, Sechs-, Sieben- und Siebzehntonleifern, und glaubten nun,
fie wären felbft leibhaftige Afiaten oder Südfeeinfulaner geworden. Und wenn
der abendländifche Klang feine Schatzkammern akkordifcher Geheimniffe
öffnen wollte, dann würden die andern taub und ftumm.
Und doch fafj und fitjt hinter jenen fremden Masken exotifcher Monotonie

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