Viera Luxova-Dobesova
Bratislava
Das Bildnis in der alten Steinplastik
in der Slowakei
Historische Vorstufen des neuzeitlichen bildhauerischen Porträts sind auch in der Slo-
wakei im mittelalterlichen Schaffen vorhanden. Entwicklungsmodifikationen früherer
Phasen der Porträtdarstellung können in der Steinplastik aufgespürt werden, deren
zeitgemässe ideel-funktionellen Zielsetzungen zur Entfaltung dieses Genres die günsti-
geren Bedingungen geboten haben. Im Eahmen der gesellschaftlich-ökonomischen Struk-
tur unseres Landes und seiner geistigen Orientierung kommt es hier, auf dem Boden
der Bauskulptur, zur relativ frühzeitigen und häufigen Darstellung z. B. des menschli-
chen Kopfes und Brustbildes als im gewissen Sinne weltlichen Motivs (die Donatoren-
und Baumeisterbildnisse), das zu einem der wichtigsten Entwicklungsanregungen des
autonomen Porträts wurde.
Unsere Forschung ist leider noch nicht so weit fortgeschritten um den Weg, der
zum individuellen Porträt führt, in allen Entwicklungsstufen zu rekonstruieren. Sowohl
der Denkmalbestand als auch die Archivalien und nicht zuletzt der eigentliche Charakter
der Steinplastiken sind mancherorts nur sehr fragmentarisch erhalten. Deshalb war
es bislang u. a. nicht möglich die inhaltliche Bedeutung besonders der Kopfkonsolen
festzustellen, bei denen sowohl die erläuternden Attribute als auch zeitgemässen Ge-
wänder fehlen.
Die grosse Anzahl der erhalten gebliebenen Donatoren- und Baumeisterbildnisse
als künstlerischer Bestandteil der Gewölbekonsolen deutet auf die Vorliebe dieses Motivs
für sakrale Interieurkcmpositionen hin. Im allgemeinen wuchsen diese Steinwerke bei
uns auffassungsmässig so wie typologisch aus einer breiteren mittelauropäischen Entwi-
cklung heran. Ähnlich wie in benachbarten Ländern fehlen in der örtlichen Bildnis-
entwicklung Merkmale einer geschlossenen, organisch innerlich gebundenen Bewegung.
Ähnlich wie andern Orts begegnen wir auch bei uns gleichzeitig verschiedenen figuralen
Typen, so wie ihrer Abhängigkeit vorn Geschmack der Zeit. Der Menschenkopf z. B. über-
dauert in fast gleicher quantitativer Intensität das ganze Mittelalter. Hingegen häufen
sich gesamtfigurale Kompositionen meist in früheren Entwicklungsphasen. Seit der
Hälfte des 14. Jhs. erhöht sieh wieder die Vorliebe für Konsolbüsten und zum Schluss
des 15. Jhs. das Interesse für die Halbfigur.
Ikonographisch finden wir aber überraschend im slowakischen Denkmalfundus Kö-
10 — Seminaria Niedzickie, t. II
145
Bratislava
Das Bildnis in der alten Steinplastik
in der Slowakei
Historische Vorstufen des neuzeitlichen bildhauerischen Porträts sind auch in der Slo-
wakei im mittelalterlichen Schaffen vorhanden. Entwicklungsmodifikationen früherer
Phasen der Porträtdarstellung können in der Steinplastik aufgespürt werden, deren
zeitgemässe ideel-funktionellen Zielsetzungen zur Entfaltung dieses Genres die günsti-
geren Bedingungen geboten haben. Im Eahmen der gesellschaftlich-ökonomischen Struk-
tur unseres Landes und seiner geistigen Orientierung kommt es hier, auf dem Boden
der Bauskulptur, zur relativ frühzeitigen und häufigen Darstellung z. B. des menschli-
chen Kopfes und Brustbildes als im gewissen Sinne weltlichen Motivs (die Donatoren-
und Baumeisterbildnisse), das zu einem der wichtigsten Entwicklungsanregungen des
autonomen Porträts wurde.
Unsere Forschung ist leider noch nicht so weit fortgeschritten um den Weg, der
zum individuellen Porträt führt, in allen Entwicklungsstufen zu rekonstruieren. Sowohl
der Denkmalbestand als auch die Archivalien und nicht zuletzt der eigentliche Charakter
der Steinplastiken sind mancherorts nur sehr fragmentarisch erhalten. Deshalb war
es bislang u. a. nicht möglich die inhaltliche Bedeutung besonders der Kopfkonsolen
festzustellen, bei denen sowohl die erläuternden Attribute als auch zeitgemässen Ge-
wänder fehlen.
Die grosse Anzahl der erhalten gebliebenen Donatoren- und Baumeisterbildnisse
als künstlerischer Bestandteil der Gewölbekonsolen deutet auf die Vorliebe dieses Motivs
für sakrale Interieurkcmpositionen hin. Im allgemeinen wuchsen diese Steinwerke bei
uns auffassungsmässig so wie typologisch aus einer breiteren mittelauropäischen Entwi-
cklung heran. Ähnlich wie in benachbarten Ländern fehlen in der örtlichen Bildnis-
entwicklung Merkmale einer geschlossenen, organisch innerlich gebundenen Bewegung.
Ähnlich wie andern Orts begegnen wir auch bei uns gleichzeitig verschiedenen figuralen
Typen, so wie ihrer Abhängigkeit vorn Geschmack der Zeit. Der Menschenkopf z. B. über-
dauert in fast gleicher quantitativer Intensität das ganze Mittelalter. Hingegen häufen
sich gesamtfigurale Kompositionen meist in früheren Entwicklungsphasen. Seit der
Hälfte des 14. Jhs. erhöht sieh wieder die Vorliebe für Konsolbüsten und zum Schluss
des 15. Jhs. das Interesse für die Halbfigur.
Ikonographisch finden wir aber überraschend im slowakischen Denkmalfundus Kö-
10 — Seminaria Niedzickie, t. II
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