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Bevolkerung.
von der Taufe, wer diese noch dat und bei sich führt, spielt sich gewiß
frei. Kommt die Zeit des Einrückens in die Garnison, so geht se ein
Gemeinderath mit einem Rekruten von Hans zn Haus und sammelt
Geschenke ein, deren Gesammtsnmme bis zu mehreren hundert Mark
sich belaufen kann. Jm ersten Urlanb mit der Sonntagsmontur, ist
ein stolzes Bewnßtsein für den snngen Menschen, das überall Anerken-
nung sindet.
Der Hochzeittag bildet eine weitere Gtappe auf dem Lebensweg,
leider bei den Meisten keine ehrenvolle. Der Mangel an Ehrgefühl
und stumps gewordenes sittlich religiöses Bewutztsein erkennt es nicht
für Schande, in die Ehe zu treten mit 2—3 Kindern, oft von verschie-
denen Vätern. Darin liegt nicht minder als in den ungnten Vermögens-
verhältmssen die Quelle unglücklicher Ehen, wobei Viele freilich auch
mit demselben Leichtsinn der Scheidung sich unterziehen, wee sie dieselbe
eingehen. Einer der wundesten Punkte des Bezirks. Verlöbnisse wer-
den selten gefeiert. Jn Frommern ist es Sitte bei einem Verlöbnisse,
datz die ledigen Bnrsche, welche elwas davon erfahren, im Hof des
Hauses sich einfinden, Holz sägen und spalten mit viel Lärm, bis sie
vom angehenden Bräutigam ins Wirthshaus geschickt werden, unr auf
seine Kosten sich gütlich zu thun. Znr Hochzeit wird geladen, wenn
die Brant nicht vom Ort, durch einen Hochzeitlader mit einem Gesellen,
welche in Weilheim eine srisch geschnittene Gerte tragen als Abzeichen,
ein abgeblatzter Rest des Wehrgehänges, mit welchem in noch nicht zn
langer Vergangenheit der Hochzeitlader paradirte. Jp die Brant vom
Ort, so laden 2 Gespielinnen von Haus zn Haus immer mit denselben
sedoch unwichtigen Redensarten. Am Hochzeittag begimrt das Fest mit
der Morgensnppe im Hause der Brant. Diese besteht in Weitzbrot,
Bier, Branntwein, Kassee. Die Hausmntter oder ihre Venreterin steht
dabei nnter der Hausthüre und schneidet allen Kindern des Orts,
anch den Armen, ein Stück Brot, das sie dann fröhlichen Muthes ver-
zehren. Nach der Morgensuppe nnd Eiviltranung bewegt sich der
Hochzeitzug in die Kirche, voran die Braut und die verwandten
Weiber; mit lang gemessenem Abstand folgt sodann der Bräniigam
nnd die verwandten Männer In der Kirche nehmeit sie bestimmte
Plätze ein. Eine Gefallene darf den Kranz nicht tragen, in Ostdorf
darf sie nicht in den Reihen der mit dem Kranz geschmückten Gespie-
linnen sitzen, sondern muß mit dem Reihen hinter ihnen vorlieb nehmen.
Beim Heraustreten an den Altar wird der Platz der Braut sofort von
ciner Brantjungfer eingenommen, oder doch ihr Tuch darauf gelegt,
damit keine Hepe anf dem Sitz sich niederlassen kann. Vor dem Altar
steht hänsig die Braut dein Bräutigam zur Linken, während der Trau-
nng müssen sich die.Ellenbogen berühren, damit es kein Unglück gibt.
Von der Kirche bewegt sich der Hochzeitzug ins Wirthshaus znm
Brauttanz. Tüchlesvortänzer heißt der Brantführer an manchen Orten,
weil er nach dem Tanz mit der Brant ein Tüchle bekommt. Nach
diesem Tanz geht alles heim. Das Hochzeitessen ist entweder in der Fa-
milie oder nur mit den allernächsten Angehörigen im Wirthshaus.
Sind die Brautleute im Ort, so lragen die Brantjungfern den künf-
ngen Hausralh osfen zur Schan ins künftige Haus, was glitzt nnd
gleist wird wohl auch in der Wirthsstube' im Brautwinkel an einem
Eisendrath aufgehängt oberhalb des Sitzes der Brantlente, auf welchem
Bevolkerung.
von der Taufe, wer diese noch dat und bei sich führt, spielt sich gewiß
frei. Kommt die Zeit des Einrückens in die Garnison, so geht se ein
Gemeinderath mit einem Rekruten von Hans zn Haus und sammelt
Geschenke ein, deren Gesammtsnmme bis zu mehreren hundert Mark
sich belaufen kann. Jm ersten Urlanb mit der Sonntagsmontur, ist
ein stolzes Bewnßtsein für den snngen Menschen, das überall Anerken-
nung sindet.
Der Hochzeittag bildet eine weitere Gtappe auf dem Lebensweg,
leider bei den Meisten keine ehrenvolle. Der Mangel an Ehrgefühl
und stumps gewordenes sittlich religiöses Bewutztsein erkennt es nicht
für Schande, in die Ehe zu treten mit 2—3 Kindern, oft von verschie-
denen Vätern. Darin liegt nicht minder als in den ungnten Vermögens-
verhältmssen die Quelle unglücklicher Ehen, wobei Viele freilich auch
mit demselben Leichtsinn der Scheidung sich unterziehen, wee sie dieselbe
eingehen. Einer der wundesten Punkte des Bezirks. Verlöbnisse wer-
den selten gefeiert. Jn Frommern ist es Sitte bei einem Verlöbnisse,
datz die ledigen Bnrsche, welche elwas davon erfahren, im Hof des
Hauses sich einfinden, Holz sägen und spalten mit viel Lärm, bis sie
vom angehenden Bräutigam ins Wirthshaus geschickt werden, unr auf
seine Kosten sich gütlich zu thun. Znr Hochzeit wird geladen, wenn
die Brant nicht vom Ort, durch einen Hochzeitlader mit einem Gesellen,
welche in Weilheim eine srisch geschnittene Gerte tragen als Abzeichen,
ein abgeblatzter Rest des Wehrgehänges, mit welchem in noch nicht zn
langer Vergangenheit der Hochzeitlader paradirte. Jp die Brant vom
Ort, so laden 2 Gespielinnen von Haus zn Haus immer mit denselben
sedoch unwichtigen Redensarten. Am Hochzeittag begimrt das Fest mit
der Morgensnppe im Hause der Brant. Diese besteht in Weitzbrot,
Bier, Branntwein, Kassee. Die Hausmntter oder ihre Venreterin steht
dabei nnter der Hausthüre und schneidet allen Kindern des Orts,
anch den Armen, ein Stück Brot, das sie dann fröhlichen Muthes ver-
zehren. Nach der Morgensuppe nnd Eiviltranung bewegt sich der
Hochzeitzug in die Kirche, voran die Braut und die verwandten
Weiber; mit lang gemessenem Abstand folgt sodann der Bräniigam
nnd die verwandten Männer In der Kirche nehmeit sie bestimmte
Plätze ein. Eine Gefallene darf den Kranz nicht tragen, in Ostdorf
darf sie nicht in den Reihen der mit dem Kranz geschmückten Gespie-
linnen sitzen, sondern muß mit dem Reihen hinter ihnen vorlieb nehmen.
Beim Heraustreten an den Altar wird der Platz der Braut sofort von
ciner Brantjungfer eingenommen, oder doch ihr Tuch darauf gelegt,
damit keine Hepe anf dem Sitz sich niederlassen kann. Vor dem Altar
steht hänsig die Braut dein Bräutigam zur Linken, während der Trau-
nng müssen sich die.Ellenbogen berühren, damit es kein Unglück gibt.
Von der Kirche bewegt sich der Hochzeitzug ins Wirthshaus znm
Brauttanz. Tüchlesvortänzer heißt der Brantführer an manchen Orten,
weil er nach dem Tanz mit der Brant ein Tüchle bekommt. Nach
diesem Tanz geht alles heim. Das Hochzeitessen ist entweder in der Fa-
milie oder nur mit den allernächsten Angehörigen im Wirthshaus.
Sind die Brautleute im Ort, so lragen die Brantjungfern den künf-
ngen Hausralh osfen zur Schan ins künftige Haus, was glitzt nnd
gleist wird wohl auch in der Wirthsstube' im Brautwinkel an einem
Eisendrath aufgehängt oberhalb des Sitzes der Brantlente, auf welchem