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Pauli, Gustav; Hamburger Kunsthalle
Führer durch die Galerie der Kunsthalle zu Hamburg (1): Die neueren Meister — Hamburg: Verlag der "Freunde der Kunsthalle" e.V. zu Hamburg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.53297#0226

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Luft und Licht und äußerster Sensibilität in allen Fragen
des Kolorits.
Dem jungen Manet, der manche Eigenschaften mit
Velazquez gemein hatte, nur nicht seine vornehme
Anmut, löste der Spanier die Zunge, als er ihm in Madrid
näher bekannt wurde. Nach Paris zurückgekehrt, malte
Manet anfänglich ebenso sehr im Geiste des Velazquez,
wie gleichzeitig noch der alte Overbeck im Geiste des
jungen Raffael malte. Allmählich befreite er sich dann
und fand für das Leben der Gegenwart einen neuen
lichteren und schlichteren Ausdruck. Wenn Velazquez
als Hofmann mit der eleganten Lässigkeit des Kavaliers
geschildert hatte, so war die Tonart eines Manet sehr
bürgerlich, sehr objektiv, getragen von einer kühlen und
skeptischen Freude am Tatsächlichen.
Manets Ausdruck ist von einer geradezu verblüffenden
Einfachheit. Dinge, um die andere sich plagen, wie Kom*
Position, Farbenzusammenstellung, Hintergrund und
anderes mehr, löst er spielend. So haben seine Bilder
durchaus den Anschein des Zufälligen und Momentanen.
Und eben hierdurch wirkten sie auf das an lauter Kons
vention gewöhnte Publikum aufreizend. Seine Art, die
Dinge zu betrachten, ist stillebenhaft. Das heißt, ihn
beschäftigt die farbige Außenseite. Diese fühlt er und
vergeistigt sie durch glänzende Malerei. Darauf, was
etwa sonst noch die Dinge dem Beschauer zu sagen
haben möchten, läßt er sich nicht ein. Was ein Thoma
an einem Feldblumenstrauß fühlt und uns fühlend mit*
zuteilen versteht, was Liebermann blitzartig von dem
Seelischen eines Menschen erfaßt, bleibt für Manet
stumm. So kommt der Deutsche leicht dazu, diese große
Malerei als oberflächlich anzusehen.

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