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Pans, und eS gibt deren viele und aufrichtige, würden
auf die Opposition in der Pairskammer einige Hoffnung
setzen dürfen, wenn nicht dieser Staatskörper schwach und
abgelebt wäre. Wie ich aus guter Quelle erfahre, sind die-
jenigen Pairs, welche dem Civilstande angehören, mit Aus-
nahme des Intendanten der Civilliste und der Mitglieder des
KabinetS vom 1. März, gegen die Befestigung der Haupt-
stadt gestimmt. Die nämliche Ansicht herrscht vor unter den
militärischen PairS, da nur die jüngere Generalität, welche
dabei neue Sinecurcn zu gewinnen hofft, diesen Plan unter-
stützt. Selbst der Präsident und der Großreferendär der
hohen Kammer, an deren Ergebenheit in den königlichen
Willen niemand zweifeln kann, reihen sich unter die Gegner
des in Frage stehenden Entwurfs. Der eifrigste Opponent
aber ist Graf Montalembert, und da er sehr gewandt das
Wort zu führen weiß, so sieht man begierig seiner Rede ent-
gegen. Doch werden in einer so bestechlichen Welt alle An-
strengungen des gesunden Menschenverstandes gegen die Jn-
trigue vereitelt, der Sieg des allgemeinen Wohles über das
Privatintereffe wird nicht errungen werden. Graf Molo z.
B., der Präsident vom 15. April, ist nicht weniger als
Hr. v. Lamartine ein Gegner der Befestigung; doch wäh-
rend dieser, allen Vorstellungen des Hofes widerstehend,
sein Rednertalent zur Bekämpfung deö Entwurfs gewissen-
haft verwendete, versprach Molo dem Könige, er werde
zwar gegen das Projekt stimmen, dagegen aber in der Kam-
mer keinen Versuch machen, durch sein Wort und seinen
Einstuß die Zahl der schwarzen Kugeln zu vermehren.
Wenn Graf Molo schweigt, wie sollten die zahlreichen Staats-
beamten auf den Bänken der Kammer es wagen, sich der
Regierung, von der sie abhängcn, ernstlich zu widersetzen!
Die Befestigung von Paris wird, ungeachtet des Scheinge-
fechtes, das sie zu bestehen hat, siegreich aus der Stimm-
urne der Pairö hervorgehen, und die Hauptstadt, welche
1789 die Bastille niedergerissen, wird im Jahre 1845 de-
ren 80 zählen. Die Julirevolution hätte keine bitterere
Satyre auf sich selbst schreiben können.
Alexandrien, 12. Jan. Commodore Napier ist am
8. d. M. an Bord des englischen Dampfschiffs „Stromboli"
aus Marmarizza hier angekommcn. Er war der Ncbcr-
bringer zweier Schreiben, welche Admiral Stopford an
Boghos-Bcy gerichtet hatte, worin Mehemcd Ali aufge-
fordcrt wird, die ottomannische Flotte zmückzugebcn, und
Ibrahim Pascha aus Syrien zurückzurufen, um sich solcher-
gestalt der Gunstbczeugungen würdig zu machen, um welche
die verbündeten Mächte bei Sr. Hoheit dem Sultan für
ihn ansuchen würden. Mehemed Ali willigte sogleich in
das von Admiral Stopford an ihn gestellte Begehren, und
schon am folgenden Tage wurden die erforderlichen Maaß-
rcgeln zur Ausrüstung und Vcrproviantirung der ottoman-
nischcn Flotte getroffen und Ibrahim Pascha der Befehl
zugeschickt, seinen Rückweg nach Aegypten auf dem Land-
wege zu bewerkstelligen. Am 11. Mittags ist die Flotte
des Großherrn feierlich an Jawer Pascha (Admiral Walker)
übergeben worden, welcher seine Viccadmiralsflagge an
Bord des ottomannischen Admiralschiffs „Mahmudic" auf-
pflanzte. — Ibrahim verweilte am 3. und 4. Jan. in El-
Mezerib, um seine Truppen und Convois zu organisiren.

Sein Vorhaben, den Rückzug durch Palästina nach der
Küste zu bewerkstelligen, ist von dem Emir Beschir, der
mit 7000 Mann Fußvolk und 1500 Pferden in jener
Gegend erschienen ist, vereitelt worden. Die reguläre otto-
mannische Armee, aus 28 Bataillons bestehend, hält die
Linie von Saida bis zum Berge Carmel besetzt. — Am 5.
Jan. trat Ibrahim Pascha seinen Rückzug durch die Wüste an.
Seine Streitkräfte sollen auf 15000 Mann Fußvolk, 5000
Pferde und einen Artilleriepark von ungefähr 100 Stücken
reducirt seyn; er hatte viel Kranke. (Oestr. B.)

S c e rr e rr
aus
der Geschichte der französischen Revolution.

5. Weib er list.
Als Lyon gezwungen worden war, sich dem Heere deö
National-Konvents zu unterwerfen, und nun in einen Schau-
platz des Blutvergießens und der Verfolgung verwandelt
wurde, erfuhr eine Gattin, daß ihr Mann auf die Liste
der Geächteten gesetzt worden sey. Sie eilte, ihn zu warnen,
drang ihm ihr Geld und ihr Geschmeide auf, nöthigte ihn
zu flüchten, und steckte sich in seine Kleider. Noch vor dem
Ablauf des Tages erschienen die Trabanten des Tribunals,
und verlangten den Mann zu sprechen. Seine Frau trat
hervor, und da sic gekleidet war, wie er, so brachte mau
sie nach dem Ausschuß. Man fragte sie, wo ihr Mann
sey? — „Mein Mann? antwortete sie. Ich habe ihn in
Sicherheit gebracht; ich habe ihn entfliehen lassen, und
wünsche mir Glück, daß ich mit Gefahr meines Lebens das
seinige gerettet habe." Man drohte ihr mit der Guillotine,
wenn sie nicht gestehe, nach welcher Richtung er geflohen
sey. — „Ich bin bereit zum Tode," war ihre Antwort.
Man stellte ihr vor, die Pflicht gegen das Vaterland ge-
biete ihr, dieß zu entdecken. „Das Vaterland, sprach sie,
verlangt keine Sünde wider die Natur." — So viele
Festigkeit fiel selbst den Gliedern des Ausschusses auf, und
dieses Mal sand eine großmüthige That Gnade vor ihren
Augen. _
In einem der westlichen Departements wurde ein Mann,
Namens Lefort, als Verschworner eingezogen. Seine
Frau, die für sein Leben zitterte, und vergebens alle Mittel
versucht hatte, ihm die Freiheit zu verschaffen, erkaufte
endlich die Erlaubniß, ihn auf einen Augenblick zu sprechen.
Zu der bestimmten Zeit flog sie in den Kerker. Ohne sich
bei leeren Ausbrüchen von Schmerz und Zärtlichkeit auf-
zuhalten, legt sie sogleich ihre Kleider ab, und bewegt
ihren Mann, dieselben anzuziehen, und so das Gefängniß
zu verlassen; während sie an seiner Stelle zurückbleiben
wolle. Alles gelang nach Wunsch, und der Mann entkam
glücklich. Erst am andern Morgen wurde die List ent-
deckt. „Unglückliche, was hast du gethau?" sagte der Na-
tional - Kommissär zu ihr. „Meine Pflicht, antwortete sie
fest: thuc du nun die deine!"
 
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