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Mrrteljährlicher AbonnrmentSpret«
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Bestellungen beliebe man für Hei-
delberg und die Umgegend, die sich
der gewöhnlichen Boten bedienen
kann, bei unterzeichnetem Redacteur

M LS.

zu machen. Außerdem nimmt das
Postamt Heidelberg gegen einen
mäßigen Postaufschlag Bestellungen
an. Einrückungsgebühr: die
Zeile 1'/, kr.
I. S. Wolff.


Ueidelberg. Sonntag» den 14'°" 1841.

Der Pfälzer.
Man besorge doch sa nicht, daß wir von unserm Blatte
viel reden wollen. Ihm ziemt ein bescheidenes Auftreten;
denn sein Leben zählt erst nach Wochen, kann den breiten
Strom, der es von den übrigen Pfälzern, den heutigen
Bayern, Hessen und Preußen trennt, noch nicht bewältigen,
hofft aber zuversichtlich auf Wachsen seiner Flügel und be-
sucht dann besonders gerne die alten Landsleute. Mit ihnen
ist cs doch immer noch durch ein moralisches Band, das
Band der Herzen, verknüpft, wenn es gleich in Betracht
des großen geistigen Bandes, wodurch Deutschland in der
Reihe der Nationen ehrenhaft und selbstständig, auf lange
Zeit noch, nur blühen und gedeihen kann, nicht minder gern
bei den Altbauern und Schwaben, ja bei den Preußen und
Oestreichern u. s. w. einkchrte. Ein so weites Gebiet kann
jedoch kaum das Ziel des Pfälzers Streben seyn, glücklich
wird er sich schon preisen, wenn die überrhcinischen deut-
schen Brüder, die vormaligen Stammgenoffen, auf ihn auf-
merksam werden und zahlreich ihn lieb gewinnen. Daß dies
aber gemach geschehen werde, zu dieser Hoffnung berechtigt
ihn einigermaßen die seitherige freundliche Unterstützung mit
Beiträgen, welche hoffentlich zn mehreren und noch bessern
ermuntern werden; dazu berechtigt ihn selbst die himmlische
Gegend, von der er, im Anbeginne nur zweimal die Woche,
(von Ostern ab dreimal) ausgcht. Von ihr wollten wir
eigentlich heute hauptsächlich reden, darauf ein Wörtchen von
wackern Bürgern eines einzelnen blühenden Erwerbszweigs,
wie es sich für ein Blatt ziemt, das für Bürger und Land
erscheint, sonach die große Lehranstalt des praktischen Le-
bens im Auge zu behalten hat. Zur Schilderung Hei-
delbergs aber und seiner Umgebung erlauben wir uns nun
zuerst borgweise zu verfahren, besorgen aber nicht, daß das
Wiedervcrgeltungsrecht gegen unS in Anwendung kommen
möchte, da diese Herren Darleiher sich dazu ohne Zweifel
zu vornehm dünken würden.
--Nachdem die grünlichen Wasser des raschen, lebendig-
reizenden Neckar ein kurzes, enges, felsiges Thal, dessen Hö-
hen, Wälder und Felder aller Art schmücken, sich schlängelnd
durchströmt haben, finden sie bei einer auf neun Bogen ru-
henden herzlichen Brücke, unter welcher sie mit Hast durchei-
le» müssen, auf dem linken Ufer an: Fuße des mächtigen
Königstuhls auf langen Streifen eine schlanke, schmale Stadt

freundlichen Blicks hingelagert. Sie hemmen unterhalb der
Brücke ihren Lauf, als ob sie so lange als möglich im
Schatten der letzten höchsten grünen Berge sich Kühlung für
den Lauf auf der kommenden heißen Ebene holend, sich des
freundlichen Bildes erfreuen wollten. Da liegt die belebte
Stadt, und auf sie herabschaut von einem buschigen Hügel
eine mächtige Ruine, das verlassene Schloß der Pfalzgrafen
am Rhein, ein Denkmal großer deutschen Zeiten, ein Bild
deS Stolzes, des Reichthums, der Kühnheit und deö Gr
schmacks. Hinter ihm steigt der Königstuhl bis zu 18t)ö
Fuß über die Meeresfläche empor und zeigt mit seinem hohen
Thurme der weiten Ferne ringsum den staunenden Fremdling
und dem staunenden Fremdlinge die weite Ferne rings
um. Da aber, wo der Neckar seine Wasser in die Ebrue
dem Rhein entgegcnschickt, liegt, an der linken Ecke des
Thales der Geisberg und Trutzkaiser, und rechts d» t
heilige Berg mit seiner Kloster- und Tcmpelruine, der
am Fuße längs des Flusses hin mit freundlichen Landhäusern
geschmückt und bis zur Hälfte der Höhe mit Gärten und
Weinpflauzungcn geziert ist. Von diesem aus blickt man
gegenüber in die dunkelgrüne Schlucht, die sich zwischen dem
Königsinhl und Geißbcrgc hinauf windet, und auf eine
schroffe Felsenwand, dcrRiescnstein genannt. Gerade gegen-
über der Mündnng des Thals in einer Entfernung von vier
bis sechs Meilen, sicht man hinter einer reich bepflanzten
Ebene von der Brücke und von dem Schlosse aus die man-
nigfach gegipfelten Höhen des Haardtgcbirges und die sanf-
teren Wetten der Vogesen, scharf gekantet am dunkelblauen
Horizonte in violcm Thone. So eben ruht die Sonne auf dem
Rücken ihres Atlas, des Dormersbergcs, eine Feuer-faule
sticht in deö Neckars Spiegel, wir kommen von Frankfurt
her, beugen um die linke Ecke der Thalmündung im Dor,
chen Neuenheim, uns gegenüber steht daS Thal mit der
Stadt in ahnungsreicher Abendruhc, und daS Schloß, i n
Abglanze der Sonne, erscheint in der zauberischten duMcn
Glut, als ob jeder Stein eine geheime Flamine durchziltern
ließe, und es fehlt nur eine aus dem achteckigen Thurme
hervorschlagende Flamme, nm den Gedanken, daS Schloß sep
von innen heraus glühend, Zu bestätigen."
Sicher kein Nedcgepränge, wenn gleich Vater Göthe,
der mehr denn einmal sich an den hiesigen Natnrgcnüffen
- erfrischte und bekräftigte," die idealen Punkte der Gegend
etwas verschieden auffaßte und einfacher, dem Sinn des Bür-
 
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