Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Institut Français d'Archéologie Orientale <al-Qāhira> [Hrsg.]; Mission Archéologique Française <al-Qāhira> [Hrsg.]
Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes: pour servir de bullletin à la Mission Française du Caire — 23.1901

DOI Heft:
Nr. 1-2
DOI Artikel:
Bissing, Friedrich Wilhelm von: Zur Geschichte der Libationsformeln
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12426#0053

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZUR GESCHICHTE DER LIBATIONSFORMELN

47

III. — SCHLUSS

Wer die erste und die zweite Formel mit einander vergleicht, wird leicht er-
kennen, dass sie nicht unabhângig von einander entstanden sind. Die erste Formel ist
die einfachere und steht der Urform gewiss nâher. Dass sie aber nicht dièse selbst dar-
stellt, glaubte ich aus dem Auftreten von Doppelungen erschliessen zu dùrfen1, aus dem
Eindringen von Glossen in den Text.

Die Formel so wie wir sie kennen, lag aber dem Verfasser der Formel II schôn
vor : Denn dieser gestaltet eines Teils clas Kolon V der Formel I in IV und IVi der
2ten Formel aus (ja er schaltet dièse Kola wahrscbeinlicli in den alteren, etymologi-
sierenden Text erstein) ; andrerseits ist II doch nur eine wieder mit einem Wortspiel
verbundene Umschreibung von Ii und IL der ersten Formel. Die Unselbstandigkeit
des Verfassers von Formel II erhellt auch aus der ganz sinnlosen Einfùhrung von V und
Vi, die aus ilirem wahren Zusammenhang, einem alten Text voiler Wortspiele, gerissen
sind. Dabei sind in der âusserlichsten Art Veranderungen vorgenommen und ein neuer
Horus-Beiname geschaffen worden.

Es scheint als ob die 2te Klasse der II Formel wenigstens dies letzte Flickwerk
absichtlich fortgelassen habe und auch in IVi die lâstige Wiederholung empfunden
habe \

So etwa stellt sich clas Bild der Ùberlieferung dar. Manches mag darin hypothe-
tisch erscheinen, manches sich als falsch heraus stellen. Aber zweierlei, glaube ich,
ergiebt sich auch hier wieder, nichts Neues zwar, aber doch nùtzlich, we*nn es durch
neue Beispiele belegt wird :

1. Die Gestalt der uns vorliegenden Pyramidentexte weist weit zurûck auf eine
Anzahl einzelner Formeln und Gebete.

2. Dièse Formeln und Gebete sind in den uns vorliegenden alten Inschriften und
ebenso in den spâteren Texten nicht nur durch Zufall entstellt, sondern auch absichtlich
interpoliert, verkùrzt und corrigiert. Nur in besonders glùcklichen Umstanden aber
kann man zu der sicheren Reconstruction eines solchen Urtextes gelangen, wie es
Erman mit dem Gebet an Nut gethan hat.

1. Das allerdings vom « Parallelisoius der Glieder » begùnstigt worden sein mag.

2. Man kônnte das Verhâltnis auch umgekehrt auffassen und in der 2ten Klasse die ursprùogliche Tradi-
tion sehen, die in der ersten erweitert wâre. Aber abgesehen davon, dass dann der âlteste Text (Phiops I)
die jûngere Gestalt bote, was an sich denkbar wâre, ist oben mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die
2te Klasse die schlechtere zu sein scheint und zudem stimmen die beiden Texte der 2ten Klasse unter sich
gerade in den Auslassungen nicht ùberein (s. oben).
 
Annotationen