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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Hrsg.]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (2. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Wissenschaft und Kunst des Klosters
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Gröber, Conrad: Reichenauer Plastik bis zum Ausgang des Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.61011#0272

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REICHENAUER PLASTIK BIS ZUM AUSGANG DES MITTELALTERS
MONS. DR. KONRAD GRÖBER/KONSTANZ

I
Dass die reichenau ehedem
nicht arm an plastischen Schätzen gewesen
ist, ließe sich zuversichtlich behaupten, wenn wir
darüber auch keine geschichtlichen Nachrichten
besäßen. Oder konnte sich ein Kloster, das eine
so überragende Kultur schuf, dem Bildwerk ver-
schließen? Mußte nicht schon sein reger reli-
giöser Verkehr mit anderen künstlerisch frucht-
baren Stätten wie St. Gallen, St. Denis bei
Paris, St. Martin in Tours, Anagni in Italien
auf die Entwicklung des eigenen plastischen
Interesses anspornend wirken? Wir wissen wei-
ter, daß mancher von denen, die in der Pirmin-
zelle den Frieden ihrer Seele fanden, zuvor einen
großen Teil der damaligen Kulturwelt sah und
die Eindrücke der geschauten Kunst unver-
wischbar in seiner Seele trug. Sollte dieses
Schöne nicht auch auf der Insel in den Dienst
Gottes getreten sein, sollte die sichtbare Pla-
stik nicht gleichsam ein Sinnbild und Werk-
zeug jener seelischen Plastik werden, die den
Hauptzweck des klösterlichen Lebens bildet?
Dabei war die Reichenau keine Thebais, keine
Einsiedelei, die ihre Insassen mit den hohen Mau-
ern ihrer Regel und dem breiten Wasserwall
des Untersees von der Umwelt abschloß. Wenn
das Wohl des Klosters oder des Vaterlands oder
eine wissenschaftliche oder malerische Arbeit es
erheischten, verließen die Mönche ihr Eiland, um
selbst große Reisen zu unternehmen.
Nicht wenige wurden auch auf auswärtige Bischofs-
sitze diesseits und jenseits der Alpen berufen oder
fremden Klöstern vorgesetzt, verloren damit aber
den Zusammenhang mit dem Mutterkloster nicht,
sondern betonten ihn durch öftere Besuche und
literarische und künstlerische Gaben. Und wenn
das Alter kam, legten sie wohl, wie jener Bischof
Egino von Verona, ungesättigt von der Welt,
Ämter und Ehren nieder und kehrten mit Weihe-

geschenken an den alemannischen See zurück, der
ihr klösterliches Jugendglück umspielt hatte.
Dazu kam die Anziehungskraft, welche das ewige
Rom ausstrahlte. Seit der Wende des ersten Jahr-
tausends genossen die Äbte das Privileg, aus der
Hand des Papstes selbst die Weihe zu empfan-
gen. Damit hingen aber nicht allein künst-
lerische Befruchtungen zusammen, es kamen auch
Kunstgegenstände auf die Insel. Denn es war
schon damals deutsche Art, sich für fremdes
Wesen und fremdes Geistesgut rasch und willig
zu erwärmen, um so mehr, als jenseits der Alpen,
unter der südlichen Sonne, die ältere und höhere
Kultur erblüht war.
Wir müssen weiter in Erwägung ziehen, daß um
die Zeit, da die Reichenau in raschem Anlauf den
hohen Gipfel ihres Ruhmes erstieg, die Vorliebe
der Menschen der Plastik gehörte. Es ist ja eine
Tatsache, daß es mehr malerisch veranlagte und
dann wieder mehr bildhauerisch eingestellte Peri-
oden gibt. Daß aber um die Wende des ersten Jahr-
tausends der Sinn sich vornehmlich den Gegen-
ständen der Kleinplastik zuwandte, erhellt aus
den Schilderungen der Zeitgenossen und den oft
so glanzvollen Resten, die ein gutes Geschick
mancherorts bis auf unsere Tage erhalten hat.
Diesem Zeitgeschmäcke leistete das fast krank-
hafte Interesse der damaligen Christenheit für
Reliquien nachdrücklichst Vorschub. Auch in der
Reichenau sammelte sich bald eine große Zahl
echter und unechter Überbleibsel von Heiligen
allerersten Rangs und rief nach einer würdigen
Fassung und ehrenvollen Bewahrung.
Zuletzt darf die geistige Konkurrenz nicht ver-
gessen werden, die sich naturgemäß zwischen
Kloster und Kloster entwickelte. Wenn die eine
Abtei baute, wollte die andere hinter der auf-
strebenden Schwester nicht Zurückbleiben. Wenn
die eine sich Reichtümer an Elfenbein und ande-
ren Werken der Kleinkunst erwarb, suchte sie der




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