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Repertorium für Kunstwissenschaft — 8.1885

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Dahlke, G.: Michael Pacher
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https://doi.org/10.11588/diglit.66022#0036

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Michael Pacher.

Von G. Dahlke.
I.
1. Tirol am Schlüsse des Mittelalters.
Nachdem die Vögte und Vasallen der Fürstbischöfe von Trient und Brixen
die weltliche Herrschaft des Alpenlandes errungen hatten und Meinhard II.
von Görz mit beharrlichem Sinn auf Vergrösserung des tirolischen Erbes be-
dacht geblieben war, führte der Wechsel des Herrschergeschlechtes 1363 zu
gedeihlichem Wachsthum der landesfürstlichen Macht. Im Bunde mit den
erblühenden Städten und der treuen Landbevölkerung erhob sich Herzog
Friedrich nach der Erniedrigung auf dem Concil zu Constanz zur Wieder-
gewinnung der Regierungsgewalt. Ein Held im Kampfe, den Genossen treuer
Freund, den Unterthanen ein gerechter Herrscher, begründete der vielgeschmähte
Herzog mit der leeren Tasche eine musterhafte Ordnung der innern Verhält-
nisse und hinterliess seinem Sohne Sigmund 1439 einen Schatz von Gold und
Silber, Perlen, Edelsteinen, Kleinodien mit und ohne Email, deren Verzeichniss
in der anziehenden Studie des Archivraths Dr. Schönherr über Herzog Sigmunds
Kunstbestrebungen vierzehn Foliospalten füllt. Zwar fanden die Hoffnungen,
welche Sigmunds Persönlichkeit und seine Liebe für die Kunst und Wissen-
schaft bei dem Antritt der Regierung hervorgerufen hatten, nur zum Theil
Verwirklichung: die Freude an heiterem Lebensgenuss, an Glanz und Pracht
erstickte in dem Gemahl der hochgebildeten Prinzessin Eleonora — Tochter
Jakobs II. von Schottland — die Lust zu ernster Thätigkeit und die Segnungen
seiner Herrschaft waren mehr eine Folge von Friedels kraftvollem Regiment
und von der Gunst des Zufalls, als Errungenschaften einer zielbewussten Politik;
— allein nach dem Tode des Cardinals Nicolaus v. Cusa, der die Hoheits-
rechte des Fürsten als Ausfluss bischöflicher Machtvollkommenheit der Kirche
wieder unterordnen wollte, erfreute sich Sigmund unbestrittener Regierungs-
gewalt, bis ihn die Beschränkungen der Stände 1490 zum Verzicht auf die
Herrscherwürde bewogen. Unter dem ritterlichen Sohn des Kaisers Friedrich III.
erfuhr Tirol, nach fühlbaren Verlusten in den Kriegen gegen die Eidgenossen
und Venetianer, erhebliche Vergrösserungen seines Umfangs und gelangte durch
die Verbindung mit den österreichischen Landen wie mit dem deutschen Reich
 
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