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Repertorium für Kunstwissenschaft — 8.1885

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Woermann, Karl: Michelangelo's Leda nach alten Stichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66022#0455

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Michelangelo’s Leda nach alten Stichen.
Von Karl Woermann.
Die Frage, ob das Gemälde der Leda, welches in den Vorraths-
räumen der Londoner Nationalgalerie aufbewahrt wird, das vielbe-
sprochene Bild Michelangelo’s selbst oder nur eine Gopie nach demselben
sei, ist noch nicht als endgültig entschieden anzusehen. Reiset, welcher
zuerst in der Gazette des Beaux Arts (XV, 1877, p. 246 ff.) mit guten
Gründen für die Originalität des Londoner Bildes eintrat, nannte gleich-
wohl am Eingänge seines Artikels seine Idee noch »urie idee folle
mais dominatrice«. Die Direction der Londoner Sammlung scheint
das Bild ebenfalls für echt zu halten. Unsere Biographen Michelangelo’s,
welche es nicht gesehen haben, besonders Grimm und Springer, drücken
sich sehr reservirt in dieser Beziehung aus. Herr Dr. J. P. Richter,
dessen Ansicht ich schriftlich erbat, sprach sich gegen die Echtheit aus.
Nun hatte Herr Director Burton die grosse Güte, mir vor Kurzem
eine Photographie des Bildes zu schicken, nach welcher ich zunächst
constatiren konnte, dass die Londoner Gomposition der Leda mit dem
Schwane genau mit derjenigen des Dresdener Bildes übereinstimmt,
welches von jeher für eine Gopie nach Michelangelo’s Gemälde gegolten
hat, übrigens, wie die Eichenholztafel, auf der es gemalt ist, und wie
seine Mal weise beweist, von niederländischer Hand, ja, wie Hübner’s
Katalog andeutet und wie auch Bode nicht für unmöglich hält, vielleicht
von Rubens’ eigener Rand herrührt, der das Original, als er bald
nach 1620 in Paris arbeitete, jedenfalls noch in Fontainebleau gesehen
haben und daher dort auch copirt haben könnte. Nur der Hintergrund
ist auf dem Dresdener Bilde ganz verändert, er ist in eine reiche, nieder-
ländisch aufgefasste Landschaft mit üppigem Blumenvordergrund ver-
wandelt worden. Gerade für das mit dem Hintergründe zusammen-
hängende Beiwerk kann das Dresdener Bild daher nicht als Zeuge,
angerufen werden, also auch nicht dafür, dass das Ei und die Zwillinge
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