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Repertorium für Kunstwissenschaft — 8.1885

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Neuwirth, Joseph: Zur Geschichte der Tafelmalerei in Böhmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66022#0091

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Zur Geschichte der Tafelmalerei in Böhmen.

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auf der Aussenseite des rechten Flügels des oben erwähnten Prager Altares
gleich sind, sowie den im Ganzen sich deckenden, wenn auch entwickelteren
Typus der Rahmenfiguren wird das Hohenfurther Galeriebild nicht wrnit nach
der Entstehungszeit des Bildes in der Stiftskirche verwiesen. Es stammt von
einem Meister, der in Gonception und Technik von Mutina weit verschieden
ist und an jenen des Kölner Dombildes erinnert, der Tracht und Stoffe mit
Eleganz und den Schimmer von Sammt und Goldbrocat mit Glanz und Natur-
treue wiedergibt58). Das Aufnieten von Metallplättchen, deren Spuren noch
wahrnehmbar, im Nimbus und an besonders ausgezeichneten Stellen findet
sich auch auf dem mehrfach genannten Altarschrein der Prager Sammlung
wieder, wodurch das Hohenfurther Galeriebild auch diesem näher kommt.
Ueber das Budweiser Bild fehlen nähere Anhaltspunkte; die Ueberein-
stimmung mit einzelnen Scenen des Rahmens des Marienbildes in der Prager
Stephanskirche, das ob theilweiser Gleichheit des Motives und der Durchführung
mit dem Hohenfurther gegen das Ende des 14. Jahrhunderts angesezt und
vielleicht einem durch Nicolaus Wurmser von Strassburg gebildeten Künstler bei-
gelegt werden darf59), berechtigt dazu, auch erstgenanntes in die Regierungszeit
Wenzel’s IV. zu verlegen. Trotz flüchtiger und roher Durchführung zeigen
sich schon annehmbare Begriffe der Perspective, was besonders einleuchtet,
wenn man die Geburt Christi im Passionale der Äebtissin Kunigunde und
auf dem Bilderrahmen gegenüber hält60); in Anordnung und Durchführung
findet sich ein ungemeiner Fortschritt und eine andere Auffassungsweise, die
nur auf deutschen Bildern derselben Periode wieder begegnet.
Somit ergibt sich als Resultat vorstehender Studie: Das frühestens um
die Mitte des 15. Jahrhunderts entstandene Krumauer Bild ist eine Gopie des
Hohenfurther Stiftskirchenbildes, das 50 oder 60 Jahre älter sein mag. Beide
zeigen wie das Galeriebild des Stiftes Hohenfurth und das Budweiser in der
Gonception und Technik die charakteristischen Eigenschaften deutscher Maler-
schulen, vorzüglich der Kölner, als deren geistiges Eigenthum sie hiemit aus
dem Gebiete der altböhmischen Malerei reclamirt erscheinen.

58) Schnaase 1. c. VI. p. 412.
59) Schaller, Beschreibung der k. Haupt- und Residenzstadt Prag, Prag 1797,
IV. p. 218, berichtet, dass auf der Rückseite des Bildes die Jahreszahl MGGGGLXXII
sich befände. Leider gelang es dem Verfasser nicht, sich von der Wahrheit dieser
Angabe, die sich übrigens durchaus nicht auf die Entstehung des Bildes selbst be-
ziehen muss, zu überzeugen, da die Einfügung desselben als des Mittelstückes eines
an einem Pfeiler angelehnten Seitenaltares die Besichtigung unmöglich macht.
60) Der Hinblick auf den Umstand, dass Maria gerade auf dieser Scene im
Passionale selbst neben der Krippe auf einem Ruhebett liegt, während der Budweiser
Rahmen sie knieend zeigt, verweist auch die Entstehung des von letzterem um-
schlossenen Bildes in eine spätere Zeit; auch die Krönung Mariä, welche im Pas-
sionale und in dem Codex des Thomas Stitny nur von Gott Vater vorgenommen
wird, spricht in ihrer Ausführung durch Gott Vater und Sohn auf dem Budweiser
Bilde für dieselbe Thatsache.
 
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