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Repertorium für Kunstwissenschaft — 8.1885

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v. Seidlitz, W.: Berichte und Mittheilungen aus Sammlungen und Museen, über staatliche Kunstpflege und Restaurationen, neue Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.66022#0093

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Berichte und Mittheilungen aus Sammlungen und Museen etc.

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sich Herr Weber zunächst der italienischen und spanischen Malerei zu, die
ihm durch längeren Aufenthalt in den betreffenden Ländern bekannt und sym-
pathisch geworden war. Sein zuerst und zwar im Jahre 1864 erworbenes
altes Gemälde war ein trefflicher A. Canale aus der HHdebrandt’schen Samm-
lung, das Pantheon in Rom, sauber und plastisch ausgeführt, interessant
auch wegen der jetzt veränderten Umgebung des Pantheons. Dann wurden
die spanischen Unruhen und die Vertreibung der Königin Isabella benutzt, um
1868 einige gute Werke zu erlangen, die aus den Kellern des Escurial an’s
Licht und zum Verkaufe gebracht wurden. Bemerkenswerth darunter ist ein
früher Murillo, Hüftenbild in Lebensgrösse. Ein Mädchen, bekränzt mit
Blumen, einen Strauss in der linken Hand, eilt in lebhafter Bewegung nach
links (vom Beschauer), den rechten Arm erhoben, den Kopf zurückgewandt.
Es scheint, als fliehe sie vor jemand, der Mund ist ein wenig wie vor Schreck
geöffnet, das Auge von verhaltener sinnlicher Gluth. — Ferner sind zu beachten
ein angeblicher und nicht unmöglicher Velasquez, vielleicht dem seltenen Na-
varete el Mudo zuzuschreiben; es ist ein Brustbild in Lebensgrösse, einen Mann
in den vierziger Jahren darstellend, angethan mit bischöflichem Gewände, den
Kopf halb zurückgewandt. Das Gesicht ist hager und bleich; die etwas fieber-
hafte Röthe der Wangen, der sinnliche und doch, namentlich in den Winkeln,
zusammengekniffene Mund, das grosse schwarze Auge von kaltem Glanze zeigen
den Fanatiker. — Einen charakteristischen Gegensatz hierzu bildet ein Brust-
bild Philipp’s de Ghampaigne, ebenfalls in Lebensgrösse, gehalten im Stile
Van Dyck’s: ein Mann in weissem Untergewande, worüber ein faltiger rother
Mantel geworfen ist, mit AHongerperrücke; das ein wenig schwermüthige
Gesicht scheint Bourbonischen Typus zu tragen. — Ein Hieronymus muss
wohl als ein Meisterwerk Guido Reni’s angesehen werden. Der Heilige,
im Brustbilde, hält mit beiden Händen einen Todtenkopf dicht an die Brust
und blickt sehnsüchtig gen Himmel. Zeichnung und Golorit sind vortrefflich.
— Ein Verkündigungsengel, Brustbild von Alonzo Gano, nach rechts ge-
wandt, mit der linken Hand nach oben zeigend. — J. Antolinez, aus der
Sammlung des Grafen Maugö zu Paris. Die Vermählung Christi mit der hei-
ligen Katharina. Wohldurchdachte Composition, hinter der Madonna und der
Katharina je drei Gestalten: musicirende Engel und Joseph, zwei Engel schweben
über dem Christuskinde.
Durch Reisen in Begleitung von Kunstverständigen öffnete sich dem be-
ginnenden Sammler das Auge mehr und mehr auch für Niederländer und
altdeutsche Meister. Auf verschiedenen Auctionen wurden Erwerbungen ge-
macht, zumal während und bald nach dem französischen Kriege (Naumann’sche
Auction in Berlin) und 1873—1874 zur Zeit der Krisen.
Ein Altarbild: heilige Familie mit Sanct Katharina und Agnes auf
den Seitenflügeln, angeblich von Mabuse, aus der Fromm’schen Sammlung
(Katalog Nr. 193). In der Mitte sitzt die Madonna, das Christuskind auf dem
Schoosse, in blauem Unter- undrothem Obergewande, den Kopf etwas nach rechts
geneigt, voll milder Freude niederblickend. Die Rechte streckt sie nach einer
Weintraube aus, die ihr ein Engel auf einer Obstschaale reicht, während das
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