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Repertorium für Kunstwissenschaft — 8.1885

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Boeheim, Wendelin: Die Mailänder Nigroli und der Augsburger Desiderius Colman, die Waffenkünstler Karl's V.
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https://doi.org/10.11588/diglit.66022#0198

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Wendelin Boeheim:

Lassen wir den Ausländern, den hochberühmten Mailänder Waffen-
schmieden und Azzimisten Nigroli den Vortritt. Schon Vasari in seinen »Vite
de’ piu eccellenti pittori« etc. erwähnt der vorzüglichen Arbeiten des Philippe
Nigroli, er setzt aber sogleich hinzu: »er sei nicht der Einzige seiner Kunst
gewesen, es gäbe noch andere in Deutschland von gleicher Berühmtheit.«
Ein Zeitgenosse dieses Künstlers, Brantöme, berichtet, dieser habe sich über
dringende Einladung Strozzi’s auf mehrere Jahre nach Paris begeben, »s’y
rendant riche de cinquante mille escus voir davantage«. Dabei rühmt Strozzi
noch 1598 dessen vorzügliche Arbeiten und billige Preise. Mehr als diese
dürftigen Notizen und die Nachricht, dass die Gebrüder Nigroli vieles für
Karl V. und Franz I. gearbeitet haben1), dürfte sich in den Schriften der
Zeitgenossen kaum finden lassen. Philipp und Jacob Nigroli sind als die
Hauptrepräsentanten einer Specialität im Kunstgewerbe Mailands anzusehen,
als die tonangebenden Führer in der Fertigung von Prunkwaffen und gewissen
getriebenen und tauschirten Luxusgegenständen in den Palästen der Reichen.
Schon im frühen Mittelalter war Mailand eine berühmte Stätte für die Waffen-
erzeugung, es lieferte Harnische und Waffen für alle kämpfenden Parteien
Italiens, bald auch für die Monarchen und ihre hervorragenden Ritterschaften
in Frankreich und Deutschland. Bis etwa zum Anfänge des 15. Jahrhunderts
waren es meist nur einfache unverzierte Gebrauchswaffen, in deren Fertigung
die Mailänder Waffenschmiede so grosse Berühmtheit genossen; nicht allein
ihre Güte, sondern auch die Art des Vertriebes war es, welche zu der Ent-
wicklung der Industrie beigetragen hatte, denn schon um die Mitte des 14. Jahr-
hunderts bemächtigte sich der Handel des Materiales und gab der Fabrication
eine Gestaltung, welche von jener der übrigen Länder verschieden war. In
ganz Deutschland arbeiteten die Plattner, Sarburcher, Armruster, Schwert-
feger etc. auf directe Bestellung in althergebrachter Art, nicht so die Waffen-
schmiede Mailands und Brescias, welche ihre Erzeugnisse in grossen Massen
an die Handelsherren lieferten, welche mit Hilfe der fremden Factoreien,
Händler und Agenten ganz Italien, allgemach auch das Ausland mit Waffen
versorgten. Diese Förderung des Vertriebes trug nicht wenig zu dem Rufe
bei, welchen die Mailänder Arbeiten genossen, und erklärt das frühe Auf-
treten der Bezeichnung »Mailänder Harnische« in den alten Inventaren der
Zeughäuser, wodurch eine bestimmte eigenartige Form im Gegensätze zur
deutschen gekennzeichnet wurde. Die zunehmende Ausfuhr von Waffen musste
begreiflicherweise in den verschiedenen Ländern den einheimischen Erzeugern
fühlbar werden, vorzüglich in Deutschland, dessen Waffenfabrication qualitativ
sich bedeutend zu entwickeln begann. Es ist interessant zu verfolgen, in
welcher Art in Frankreich sich die Herrscher der ausländischen Goncurrenz,
die bei der geringen Entwicklung des Handwerks dortselbst schon zu einer
Art Monopol ausgeartet war, zu erwehren suchten; es ist dieselbe, welche
die späteren Monarchen anwendeten, um eine französische Kunst und Kunst-

D »Filippo Negroli e fratelli (sic!) ehe lavarano armature stupende al re di
Francia e a Carlo V.« sagt Cicognara in seiner Storia della scultura.
 
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