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Wendelin Boeheim;
Technik schreiten sie auf den alten Wegen, die aus dem Oriente hergeführt
haben, sie wenden die Treibarbeit an, die erhabene und glatte Tausia, die
Vergoldung, sie geben dem Eisen den grauen oder schwarzen Ton, ganz wie
die Araber längst vor ihnen, aber die unvergleichlich schönen, sinnvoll ge-
dachten figuralen Dessins, die correcte Zeichnung und graziöse Darstellung
treten hier neu in’s Gebiet ein und diese Vorzüge geben ihren Arbeiten ein
spezielles Gepräge. So arbeiten sie die herrlich schönen, mit Reliefs ge-
schmückten und tauschirten grauen Harnische, die Schutzwaffen all’ antica in
der damaligen Auffassung altrömischer Tracht, die Schwerter und Degen mit
reich geschnittenen Griffen und Scheidebeschlägen, die Trabantenwaffen, Jagd-
waffen etc.; aber sie bleiben dabei nicht stehen, allmälig arbeiten sie dahin,
ganze Garnituren der Kleidung bis zum Schuh herab zu fertigen, sie verbinden
damit auch die Pferderüstung und bilden Ross und Mann in seiner Ausrüstung
im einheitlichen Stile. Zum Waffenschmiede gesellt sich nun der Sattler, der
Gold- und Silbersticker, der Sporer und andere Kunsthandwerker. Und all
das wird nur ausnahmsweise, etwa für ganz besonders illustre Personen, auf
Bestellung gearbeitet, das Gros der Erzeugung wandert durch die Hände der
Mailänder Kaufherren mittelst ihrer Agenten in ganz Europa herum, um an
den Mann zu kommen. Erzherzog Ferdinand von Tirol erwirbt seinen herr-
lichen Harnisch für Ross und Mann durch den Welser’schen Agenten von
der Mailänder Firma Battista Serabaglio e Marco Antonio Fava 1560, und
fünfzehn Jahre später schreibt der Leipziger Bürgermeister an den Churfürsten
August von Sachsen, es sei ein Agent aus Mailand mit einem unvergleichlich
schönen Harnische gekommen, den er genau beschreibt, und stellt die Anfrage,
ob der Churfürst denselben nicht kaufen wolle. Äusser diesen benannten
Kunstarbeiten excellirten die Mailänder Waffenschmiede schon vom Ende des
15. Jahrhunderts her in der Verfertigung von eleganten Brigantinen und in
Korazins, welch’ letztere ungeachtet ihrer vollsten Sicherheit gegen Hieb
und Stich ganz die Form der schönsten und reichsten Hof- oder Hauskleider
besassen.
Die emsige Mitthätigkeit der italienischen Goldschmiede an der Ver-
zierung der Waffen ist schon durch die Selbstbiographie Cellini’s dargethan,
heute werden diesem Meister in den Museen auf diesem Gebiete mehr Objecte
zugeschrieben, als seiner Hand entstammen oder sich wenigstens erweisen
lassen. Waffen- und Goldschmiedhandwerk waren aber schon ziemlich lange
vor Cellini einen innigen Bund eingegangen, denn wir finden unter den ita-
lienischen Autoren vom Ende des 15. Jahrhunderts und selbst noch früher
Berichte von kostbaren Prachtrüstungen und Waffen am Hofe zu Florenz, in
Rom, Venedig etc. Die deutschen Herrscher fanden es ihrer Würde ange-
messen, in den feinen eleganten Waffenkleidungen zu erscheinen, welche aus
Italien kamen. Um 1500 arbeitet der Mailänder Bernardo Canto die schöne
Brigantine für Kaiser Maximilian I., welche sich heute in der Armeria Reale
zu Madrid (Sammlgs.-Nr. 242) befindet. ' Im Innern in einem Schildchen steht
der Name des Meisters:
»BERNARDI • CANTO ■ MEDIOLAN • OPVS«
Wendelin Boeheim;
Technik schreiten sie auf den alten Wegen, die aus dem Oriente hergeführt
haben, sie wenden die Treibarbeit an, die erhabene und glatte Tausia, die
Vergoldung, sie geben dem Eisen den grauen oder schwarzen Ton, ganz wie
die Araber längst vor ihnen, aber die unvergleichlich schönen, sinnvoll ge-
dachten figuralen Dessins, die correcte Zeichnung und graziöse Darstellung
treten hier neu in’s Gebiet ein und diese Vorzüge geben ihren Arbeiten ein
spezielles Gepräge. So arbeiten sie die herrlich schönen, mit Reliefs ge-
schmückten und tauschirten grauen Harnische, die Schutzwaffen all’ antica in
der damaligen Auffassung altrömischer Tracht, die Schwerter und Degen mit
reich geschnittenen Griffen und Scheidebeschlägen, die Trabantenwaffen, Jagd-
waffen etc.; aber sie bleiben dabei nicht stehen, allmälig arbeiten sie dahin,
ganze Garnituren der Kleidung bis zum Schuh herab zu fertigen, sie verbinden
damit auch die Pferderüstung und bilden Ross und Mann in seiner Ausrüstung
im einheitlichen Stile. Zum Waffenschmiede gesellt sich nun der Sattler, der
Gold- und Silbersticker, der Sporer und andere Kunsthandwerker. Und all
das wird nur ausnahmsweise, etwa für ganz besonders illustre Personen, auf
Bestellung gearbeitet, das Gros der Erzeugung wandert durch die Hände der
Mailänder Kaufherren mittelst ihrer Agenten in ganz Europa herum, um an
den Mann zu kommen. Erzherzog Ferdinand von Tirol erwirbt seinen herr-
lichen Harnisch für Ross und Mann durch den Welser’schen Agenten von
der Mailänder Firma Battista Serabaglio e Marco Antonio Fava 1560, und
fünfzehn Jahre später schreibt der Leipziger Bürgermeister an den Churfürsten
August von Sachsen, es sei ein Agent aus Mailand mit einem unvergleichlich
schönen Harnische gekommen, den er genau beschreibt, und stellt die Anfrage,
ob der Churfürst denselben nicht kaufen wolle. Äusser diesen benannten
Kunstarbeiten excellirten die Mailänder Waffenschmiede schon vom Ende des
15. Jahrhunderts her in der Verfertigung von eleganten Brigantinen und in
Korazins, welch’ letztere ungeachtet ihrer vollsten Sicherheit gegen Hieb
und Stich ganz die Form der schönsten und reichsten Hof- oder Hauskleider
besassen.
Die emsige Mitthätigkeit der italienischen Goldschmiede an der Ver-
zierung der Waffen ist schon durch die Selbstbiographie Cellini’s dargethan,
heute werden diesem Meister in den Museen auf diesem Gebiete mehr Objecte
zugeschrieben, als seiner Hand entstammen oder sich wenigstens erweisen
lassen. Waffen- und Goldschmiedhandwerk waren aber schon ziemlich lange
vor Cellini einen innigen Bund eingegangen, denn wir finden unter den ita-
lienischen Autoren vom Ende des 15. Jahrhunderts und selbst noch früher
Berichte von kostbaren Prachtrüstungen und Waffen am Hofe zu Florenz, in
Rom, Venedig etc. Die deutschen Herrscher fanden es ihrer Würde ange-
messen, in den feinen eleganten Waffenkleidungen zu erscheinen, welche aus
Italien kamen. Um 1500 arbeitet der Mailänder Bernardo Canto die schöne
Brigantine für Kaiser Maximilian I., welche sich heute in der Armeria Reale
zu Madrid (Sammlgs.-Nr. 242) befindet. ' Im Innern in einem Schildchen steht
der Name des Meisters:
»BERNARDI • CANTO ■ MEDIOLAN • OPVS«