Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 8.1885

DOI Heft:
Noch einmal Dürer's Dresdner Bildniss von 1521
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.66022#0488

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
438 Karl Woermann: Noch einmal Dürer’s Dresdner Bildniss von 1521.

dings zu klein gewesen sein mag, um beweiskräftig zu sein, zu dem entgegen-
gesetzten Resultate kam, habe ich in der Schlussbemerkung unter meinem
früheren Aufsatze betont. Das Güstrower Bild habe ich auch jetzt noch nicht
im Originale gesehen. Wohl aber habe ich die Brüsseler Bilder, welche das
Selbstbildniss des Meisters enthalten sollen, wiedergesehen; und da habe ich
allerdings gefunden, dass besonders die betreffende Persönlichkeit auf einem
der Brüsseler Flügel zu dem Wiener Mittelbilde in der That einen Typus
zeigt, der einerseits (z. B. durch die scharfen Backenknochen) zu unserem
Bilde, andererseits (z. B. durch die spitze Nase) zu dem Güstrower Bildnisse,
wie es mir in der Photographie erscheint, hinüberleitet. Wenn ich daher
auch jetzt noch kaum im Stande wäre, nach den (unter sich doch recht
verschiedenen) »Selbstbildnissen« innerhalb der grösseren Gemälde Orley’s
auch unser Bild als das Porträt dieses Meisters zu erkennen, so gebe ich
umgekehrt, da unser Bild durch den Stich identificirt worden, nunmehr doch
gern zu, dass Orley in jenen Gestalten verschiedener seiner Bilder sich selbst
habe darstellen wollen. Thatsächlich besteht daher auch zwischen Schlie und
mir in dieser Frage keine Meinungsverschiedenheit.
Endlich aber darf ich eine sehr ansprechende Gonjectur Hymans’ nicht
mit Stillschweigen übergehen, eine Conjectur, nach welcher Dürer selbst be-
zeugt haben würde, dass er Bernhard van Orley in Oel gemalt habe. Die
betreffende Stelle habe ich in meinem früheren Aufsatz (VII, S. 447) unter
4) angeführt. In der Handschrift steht hier Resten; Campe druckte Ressen;
ich bemerkte aber bereits, dass Leitschuh, die schon von Thausing frageweise
hingeworfene Conjectur aufnehmend, Breslen las. Darnach hätte Dürer einen
gewissen Bernhard von Breslau gemalt. Von Breslau zu Brüssel aber ist nur
ein kleiner fernerer .Schritt. Hymans’ Hypothese, dass hier Brüslen (oder
jedenfalls ein Wort, welches Brüssel bedeuten sollte) gestanden habe, ist daher
durchaus annehmbar; und durch sie wird denn auch die letzte Schwierigkeit,
die in der Frage bestanden, glücklich beseitigt.
Mir selbst ist es natürlich viel angenehmer, das Bildniss Bernhard van
Orley’s als dasjenige eines unbekannten Mannes zweifelhaften Namens in der
Dresdner Galerie zu wissen; und meinen Artikel im VII. Bande dieser Zeit-
schrift brauche ich deshalb doch nicht zu bereuen; denn wenn er selbst auch
noch zu einem unrichtigen Ergebnisse kam, so hat er, da er Hymans’ erneute
Untersuchungen veranlasst hat, doch zur Lösung der Frage beigetragen.
 
Annotationen