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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 2): Die Anfänge der theoretischen Studien ; das Lehrbuch der Malerei: von der Maß der Menschen, der Pferde, der Gebäude ; von der Perspektive ; von Farben ; ein Unterricht alle Maß zu ändern — Berlin, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.29732#0024

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EINLEITUNG

gogisch-theoretische Werk sollte die Ausbildung des Malerlehrlings, das Wesen und die Ausübung der Malerei,
die Proportionen des Menschen, des Pferdes und der Bauwerke, die theoretische und die küinstlerische Perspek-
tive, die Farbenlehre und die Bildkomposition behandeln. Im Hinblick auf die Durchführung dieses Vor-
habens entstanden der größte Teil der überlieferten Niederschriften. Von 1512/13 konzentrieren sich Dürers
Interessen immer nachhaltiger auf die Proportionslehre des Menschen.

Angesichts all dieser Umstände wird daher ein erstes Kapitel die Anfänge der theoretischen Studien bis zur
Rückkehr aus Italien 1507 darbieten: die Arbeiten zur Proportion des Menschen nach dem geometrischen
Schema; die Dürer anscheinend in Italien näher bekanntgewordene neue arithmetische Methode und ihr erstes
Sichtbarwerden in den Proportionsstudien; die frühen Studien zur Proportion des Pferdes; die frühen
Studien zur Architektur; die frühen Studien zur Perspektive. Es ist, was Texte anlangt, nicht viel, zeigt aber
doch deutlich, wie wesentliche Kapitel des Malerbuches bei Dürer sich schon vor Antritt der zweiten Reise
nach Italien abzeichnen.

Für die Anordnung der im zweiten Kapitel gruppierten Materialien mußten die Leitideen des Lehrbuches
der Malerei bestimmend sein. Aus der nach reiflicher Überlegung zustande gekommenen Inhaltsangabe für
das Gesamtwerk und eine ins Detail gehende Aufgliederung der Vorrede ergaben sich ganz organisch die
folgenden Hauptteile: Einleitung bzw. Vorrede; Von der Maß der Menschen; Von der Maß der Gebäude;
Von der Perspektive - Von Licht und Schatten; Von Farben.

Gewiß sind die zu diesem Planbereich zustande gekommenen bzw. erhaltenen Bestandteile in ihrem Umfang
sehr verschieden. Ihre Darlegung gemäß der Konzeption Dürers wird jedoch kaum verfehlen, die Größe
des geplanten Lehrgebäudes zu veranschaulichen.

Das von vornherein gegebene Hauptinteresse für die Proportion des Menschen hatte dazu geführt, daß die
darauf bezüglichen Studien und Ausarbeitungen um 1512/13 ahe anderen Abschnitte des Malerbuches
überwogen. Nach längerem Schwanken entschloß sich Dürer daher, vorerst die Lehre von der Proportion
des Menschen zu veröffentlichen.

Die Folgen des Entschlusses, zunächst die Proportionslehre des Menschen fertigzustellen und in Druck zu
geben, zeigen sich in den Materialien darin: r. daß die Entwürfe zur Vorrede in das Malerbuch in Ein-
leitungen zur Lehre von menschlicher Proportion übergehen; 2. daß die Studien zur Maß von Mann und
Frau immer weitere Typen umfassen und ausgreifen in komplizierte Konstruktionen des Kopfes von Mann
und Frau, der Hand und des Fußes des Mannes und zur Konstruktion des männlichen Kinderkörpers.

Wir bringen alle diese vielfältigen und z. T. sehr umfangreichen Stücke, wie sie aus der Kernidee des Maler-
buches bis zur Anfertigung der Reinschrift der Lehre von menschlicher Proportion 1523 erwuchsen. Daß
damit die Verhältnisgleiche des Malerbuchplanes von 1507/08 aufgehoben und sein Rahmen gesprengt
wird, liegt im Wesen der Sache. Ein klarer Scheidungsversuch dessen jedoch, was davon noch zum alten
Malerbuch bestimmt war und was Dtirer schon für die gesonderte Proportionslehre ausarbeitete, schiene
uns, abgesehen von seiner Undurchführbarkeit, auch die Zerrüttung eines organischen Werdevorganges.

Bei der Abwandlung und Ausbreitung der verschiedenen Typen von Mann und Frau machte sich bald das
Bediirfnis geltend, jene Typen zu variieren. Die dabei zugrunde liegenden antithetischen Begriffspaare
und die geometrischen Mittel zur Umkonstruktion des menschlichen Körpers und seiner Teile zeigt das
dritte Kapitel „Ein Unterricht alle Maß zu ändern“. Da die darin gezeigten Veränderungen dem ästhetischen
Prinzip Dürers am stärksten gegenüberstehen, hat er in der Druckausgabe der Proportionslehre von 1528
seinen Ausführungen einen langen ästhetischen Exkurs angefügt, in dem er den Zweck seiner Proportionen
ausdrückt.

Für den dritten Band der Ausgabe wurden aufgespart: ein Zyklus von Reinschriflen mit Proportionen aus
der Zeit 1518-20, gemessen mit Hilfe aliquoter Körperbruchteile; sämtliche Proportionsstudien und ein

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