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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 2): Die Anfänge der theoretischen Studien ; das Lehrbuch der Malerei: von der Maß der Menschen, der Pferde, der Gebäude ; von der Perspektive ; von Farben ; ein Unterricht alle Maß zu ändern — Berlin, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.29732#0061

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B. DIE PROPORTION DES PFERDES

licher oder mündlicher Art dabei zur Verfügung standen. Sie betrafen: a) die Konstruktion aus einem
Quadratnetz; b) die Benützung der Kopflänge als Maßeinheit; c) die Einschreibung des Pferdes (d. h.
seines Rumpfes) nach Höhe und Breite in ein Quadrat; d) die Berechnung der Bauchtiefe durch Halbierung
der Strecke von der Fessel bis zur Höhe des Rückens. Vermutlich bezog Dürer die Anregungen aus Mailand.
Auf ihrer Grundlage entstand sein eigenes Schema.

Uber die Frage, ob Dürers Pferd von 1503 auf Entwürfen Feonardos zum Sforza-Reiterdenkmal fuße, die
Dürer zu Gesicht gekommen sind, gehen die Meinungen auseinander. Als Vermittler der Anregungen aus
Mailand käme Galleazo de San Severino (gest. 1525), der Schwiegersohn Fudovico Moros, in Betracht.
Galleazo, der Freund Pirckheimers und Gönner Feonardos, hielt sich im Sommer 1502 längere Zeit in
Nürnberg auf. Aus seinen Stallungen hatte Leonardo die Modelle für die Pferdestudien bezogen.

Unter Berufung auf den Bericht des Camerarius stellte J. G. Doppelmayr, Historische Nachricht von den
nürnbergischen Mathematicis und Künstlern (Nürnberg 1730), S. 155, fest, daß Beham und Dürer „aus
einerley Fundament“ herrühren. Ihm folgte J. F. Roth, Leben A. Dürers (Leipzig 1791), S. 54. A. Rosenberg,
Sebald und Barthel Beham (Leipzig 1875), und M. Thausing (II, 325) waren dann anderer Auffassung.
Erst die genaueren Untersuchungen Kurthens ergaben, daß der methodische Zusammenhang des Behamschen
Roßbüchleins mit Dürers Schema unverkennbar sei und die Abhängigkeit Behams von Dürer heute wieder
außer Zweifel stehe.

Auch Beham zeichnet seine drei Musterrosse in ein Quadratnetz ein, verringert allerdings die Felderzahl
von 16 auf 9. Wie Dürer bestimmt Beham die Bauchtiefe von der Fessellinie aus, nur wird diese in die
Grundlinie des Gesamtquadrates verlegt. Die Standlinie legt Beham in V3 Quadratfeldhöhe unter die
Grundlinie. Dürers Quadratnetzverfahren war auf die aus der Kopflängeneinheit entwickelte Einteilung
für Rumpf- und Halshöhe wie für Gesamt- bzw. Rumpflänge gestellt. Beham macht die Bestimmung der
Bauchtiefe zum Grundprinzip seiner Konstruktion. Das Ergebnis war eine Vereinfachung und Vereinheit-
lichung der Methode Dürers. Behams Art und Weise, die Kontur des Pferdekörpers mit Hilfe von Zirkel-
schlägen geometrisch festzulegen, dürfte auf die analoge Methode Dürers bei seinen frühen menschlichen
Proportionsfiguren zurückgehen.

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