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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 2): Die Anfänge der theoretischen Studien ; das Lehrbuch der Malerei: von der Maß der Menschen, der Pferde, der Gebäude ; von der Perspektive ; von Farben ; ein Unterricht alle Maß zu ändern — Berlin, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.29732#0093

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II. DAS LEHRBUCH DER MALEREI

Pirckheimer am Ende der Lehre von menschlicher Proportion „zu seiner zeyt, was ferner zu dem malen
gehort“, ausführen und veröffentlichen zu können. Nach Dürers Tod schließlich, berichtet ein Freund (Pirck-
heimer?) im Nachwort zum Druck über das Lehrbuch der Malerei und einzelne ursprünglich im Zusammen-
hang damit stehende Teile15: „Wo jme auch got sein leben lenger gefristet het, würd er noch gar vil wunder-
lichs, seltzams vnd künstlichs ding an tag gebracht vnd geben haben, zu for der kunst des malens, land-
schafft, farben vnd der gleychen dienstlich; hat auch in sonders forgehabt ein lengere vnd klerere per-
spectiu, dann er forgethan hat, zu beschreyben vnd außgeen lassen“. Vielleicht war der Plan zu großartig,
um in Dürers kurzem Menschenleben voll ausgeführt werden zu können.

Im sonstigen Schrifttum der Zeit wird Dürers Malerbuch erwähnt von Christoph Scheurl in der „Vita“ bzw.
Lobrede auf den 1513 verstorbenen Propst Anton Kreß (geschrieben 1513, gedruckt 1515). Scheurl berichtet
dabei, daß Dürer als einziger seiner Generation nach Apelles ein Buch „de ratione pingendi“ d. i. „von der
kunst vnd vrsach der malerey“ geschrieben habe16. Nach Scheurl wäre demnach das Malerbuch 1513 bzw.
1515 so gut wie fertig gewesen, was freilich mit der handschriftlichen Uberlieferung nicht ganz übereinstim-
men will. Sicher aber ist, daß man auch über Diirers engerem Freundeskreis hinaus von dem schon weit
gediehenen Werke wußte und 1515 die öffentlichkeit davon Kenntnis bekam.

*

Die Chronologie und das Verhältnis der im folgenden abgedruckten vier Inhaltsangaben des Lehrbuches der
Malerei zueinander sind umstritten.

Lange-Fuhse drucken erst die beiden in Stichwörtern gehalteten Nummern (2,1 und 2), danach dieEntwiirfe
zu einer Vorrede und ausführlicheren Inhaltsangaben Nr. 1,1 und 2. Besondere Angaben über die zeitliche
Entstehung machen Lange-Fuhse nicht. Nur in einer Vorbemerkung zu Nr. 2,1 wird gesagt: „Dieselben sechs
Kapitel hat man stillschweigend weiter unten (Nr. 1,1) zu ergänzen, wo Conway dieses Stück geradezu
einschiebt“.

Durch dieses Vorgehen Conways und mit der Bemerkung Lange-Fuhses ist zweifellos richtig vorausgesetzt,
daß in den Inhaltsangaben Nr. 2,1 und 2,2 keine Entwürfe für das Gesamtprogramm des Malerbuches vor-
liegen, sondern nur Aufgliederungen von II 2 des Lehrbuches. Nach dem Entwurf Nr. 1 sollte dieser Teil
„von der Messung der Menschen und Gebäude und allem was zum Malen notwendig ist in sechs Kapiteln
handeln“. Diese 6 Kapitel sind die in Nr. 2,1 angegebenen 6 Themen. Von den ersten drei nennt Dürer sum-
marisch Menschen und Gebäude, die zweiten drei umfaßt er unter dem Kollektivbegriff „was nottorff zwm
molen ist“ zusammen.

In der Inhaltsangabe Nr. 2,1 hat Dürer die 6 Punkte insofern auf 10 ausgedehnt, als er das Kapitel von der
Maß des Menschen aufteilt in die Maß des Kindes, des Mannes, der Frau, und nach der Farbenlehre auch
noch je ein neues Kapitel über die Bildkomposition und das „freye gemell, daz alein aws der fernunft
gemacht würt“, anfügte.

Im Gegensatz zu dem Vorgehen Conways und der Auffassung Lange-Fuhses hat J. Kurthen, Repertorium
für Kunstwissenschaft 44 (1924), S. 79, Nr. 2,1 und Nr. 2,2 zwar „kurz nach 1507/08“ datiert, jedoch Nr. 1
(und die Einleitung B Nr. 1 unserer Ausgabe) wegen Nichterwähnung der Pferdeproportion „erstumi^iz“
ansetzen wollen. In einem Exkurs dazu S. 99 ff. versucht Kurthen, folgende Reihung näher zu begründen:

1. Inhaltsangabe mit den 6 Punkten (unsere Nr. 2,1).

2. Inhaltsangabe mit den 10 Punkten (unsere Nr. 2,2).

1;> Vgl. Bd. I, S. 126, Nr. 69 unserer Ausgabe.
16 Vgl. Bd. I, S. 294 f.

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