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8. FRÜHE VENEZIANISCHE HEIRATEN

Galliciolli zweifelt in Band II § 1757 an der allgemeinen
Sitte, indem er sagt, „Es würde verständiger sein, anzu-
nehmen, dass nur zwölf junge Mädchen am St. Marcustage
öffentlich verheiratet wurden;" und Sandi spricht auch nur
von zwölf. Alle Beweisschriften lauten jedoch zugunsten
der Volksüberlieferung; die seltsamste Tatsache erwähnt
Herodot von der Art, wie die Heiraten unter den Illyrischen
„Veneti" seiner Zeit geschlossen wurden, die ihre jungen
Mädchen an einem Tage jeden Jahres zur Heirat vorstellten ;
und aus den Preisen, die für die Schönen gezahlt wurden,
Ausstattungen für diejenigen gaben, denen es an persön-
lichen Reizen fehlte.

Es ist sehr merkwürdig, die Spuren dieser Sitte, wenn auch
in gemilderter Form in christlichen Zeiten zu finden. Ich muß
jedoch zugeben, dass wenig auf das Übereinstimmen der
venezianischen Chronisten zu geben ist, die größtenteils
von einander abschrieben; aber der beste und vollständigste
Bericht darüber scheint mir der von Galliciolli aus der
„Matricola de' Casseleri" aus dem Jahre 1449 angeführte
zu sein, in dem die Worte durchaus nicht misszuverstehen
sind. „Es herrschte früher der Brauch in Venedig, dass
alle Bräute (novizze) von Venedig, wenn sie sich ver-
heirateten, durch den Bischof in der Kirche von S. Pietro
di Castello am St. Marcustage, dem 31. Januar, getraut wur-
den." Rogers zitiert in gleichem Sinne Navagiero; und
Sansovino ist noch deutlicher. „Es war Sitte, Heiraten
öffentlich zu schließen; und wenn die Vorbereitungen ge-
troffen waren, versammelten sich die Jungfrauen in S. Pietro
di Castello, zum Marienfeste im Februar."

9. CHARAKTER DER VENEZIANISCHEN ARISTOKRATIE

Die folgende edle Antwort eines venezianischen Gesandten,
Giustiniani,bei Gelegenheit einer ihm am Hofe Heinrichs VIII.
zuteil gewordenen Beleidigung, ist ebenso kennzeichnend
für die Würde, die noch im Charakter und in der Denk-
 
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