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Sauer, Joseph
Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der Auffassung des Mittelalters: mit Berücksichtigung von Honorius Augustodunensis Sicardus und Durandus — Freiburg. i.Br., 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8576#0243

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Sonstige Bestandteile u. Kuriositäten im Inventar mittelalterl. Kirchen. 209

Eine andere Anordnung dieser Weiheprozession, wonach das
Ölgefäfs mit einem weifsen Tuche bedeckt einem Kerzenträger
und zwei Priestern mit Rauchfafs und Kreuz und einem Diakon
mit dem Evangelienbuche folgt und von einem Baldachin überdeckt
ist, giebt Gelegenheit zu einer noch etwas tieferen Auffassung.
Dieser Zug ist ein Abbild jener Wanderung ins Gelobte Land, wobei
die Bundeslade (sindon) mit ihrem Inhalte, der Manna-Urne (ampulla),
der Feuersäule, dem Hohenpriester Aaron („sacerdos cum thuri-
bulo"), dem Heerführer Josue („saceraostcum cruce") und dem Ge-
setzgeber Moses (Diakon) folgt, weiterhin aber auch jenes grofsen,
endlosen Zuges, auf dem die gläubigen Söhne dieser Zeitlichkeit
unablässig begriffen sind, unter Führung Christi aus diesem Pilger-
thal in die glücklichen Gefilde der Seligkeit zu wandern K Wenn
diese ganze Ausdeutung fast völlig vom Zwecke des Chrisams ab-
sieht und nur die Prozession ins Auge fafst, so hält sie sich dafür
um so enger an die bedeutsame Liturgie der Chrisamweihe2.

Neuntes Kapitel.

Sonstige Bestandteile und Kuriositäten im Inventar mittelalterlicher

Kirchen.

Es giebt wohl nur wenige Gegenstände (z. B. das Weih-
wasserbecken) , die in der symbolischen Litteratur , besonders
bei Durandus, unberücksichtigt geblieben, wären. Manche rein
lokale Dinge, wie die Wachs-Agnus, die am Karsamstag
zu Rom geweiht und am Samstag darauf ans Volk verteilt
werden, „propter virtutem consecrationis et benedictionis" — vor
Blitz und Ungewitter zu schützen —3, oder die Goldene

1 Durand. 6, 74 n. 15—20 und zum Teil wörtlich ebenso Honor. Aug.,
Gemma animae 3, 83 (Migne CLXXII, 664); vgl. auch Sacram. c. 10 (Migne
746 B). Die Hauptgedanken auch schon bei Araalar (De eccl. off. 1, 12 [Migrie
CV, 1017 sqq.]), namentlich der Hinweis auf die Geburt des Heilandes von der
Jungfrau und dessen Flucht nach Ägypten, die durch das Tragen der ver-
hüllten Ampulla versinnbildet wird.

2 Bezüglich spezieller Beispiele von liturgischen Geräten mufs auf Rohault
de Fleurys grofses Werk: La sainte Messe, besonders auf Bd. IV, verwiesen
werden.

3 Durand. 6, 79 n. 1—3. Honor. Aug., Sacram. c. 12 (Migne
CLXXII, 747'D). Amalarius, der uns zuerst diesen Brauch beschreibt (De
eccl. off. 1, 17 [Migne CV, 1033]), verweist dafür auf den von ihm benutzten
römischen Ordo; auch von Pseuido-Alcuin wird er erwähnt (De div. off. c. 19
[Migne CI, 1215]). Beide Autoren schildern diese Wachs-Agnus als Mittel, die

Sauer, Die Symbolik des Kirchengebäudes. 14
 
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