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Schlesische Heimatpflege: Kunst u. Denkmalpflege, Museumswesen, Heimatschutz — Breslau, 1.1935

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Museumswesen
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Kohlhaussen, Heinrich: Die Magdalenenapostel
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https://doi.org/10.11588/diglit.19993#0206

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dunkel verschmutzte, rötliche Farbe für das Innenfutter und ein
vager, grau-grünlicher Ton für das Untergewand. Es kam ein
Ziegelrot für das Obergewand zum Vorschein, ein dunkles Blau für
das Untergewand. Das reiche Sockelprofil ist durch eine waagerechte
Streifung (von oben: rot, gelb, rot, blau, rot) noch hervorgehoben.
Die weiche Durchbildung seines Gesichtes verrät eine andere Hand
als die der beiden vorbesprochenen Figuren. Ob er überhaupt in
dem Magdalenenzyklus gestanden hat oder nicht doch in nachmittel-
alterlicher Zeit aus einer anderen Kirche der Stadt nach St. Magda-
lenen magaziniert wurde? Mit den beiden Figuren seiner Gruppe
verbindet ihn der klare, kaum bewegte Umriß, die blockhafte Zu-
sammenfassung, die auch die Grenzen der Faltenbewegtheit und
-durchbildung vorschreibt. Die ganze Höhe der drei letztgenannten
Figuren ist 2,20 m, 2,27 m, 2,29 m.

Die letzte Dreiergruppe beginnt mit dem zweiten Titelheiligen der
Kirche „zu St. Andreas und St. Maria Magdalena", wie der voll-
ständige Name der Magdalenenkirche heifit, dem hl. Andreas, der
den Rest seines Schrägkreuzes noch mit erhobener Rechten um-
klammerte (Abb. 11:1, erste Figur von links). Er ist sowohl durch seine
überragende Länge (2,53 m) wie auch durch den mit Vierpässen und
Hauten gezierten Reliefsaum seines Obergewandes bevorzugt1). In
dem ungefügen Kopfblock mit der drohenden Faltenrune zwischen
den Brauenbogen, den aufgerissenen Augen, der Nasenwand, die
das Gesicht wie ein Gebirgszug halbiert, und den vorspringenden
Backenbergen mutet er wie ein riesiger Waldschrat, wie der leib-
haftige Rübezahl an (Abb. 111, erste Figur von links). Die hier
gesammelte Ausdruckskraft wird in den versetzten, mannigfach
abgestuften, bald zu großen Mulden hervorragenden, bald mäh-
lich verebbenden Faltenschiebungen vor dem Leibe wieder be-
sänftigt, in denen der Riese fast zart erscheint. In dieser
beinahe heldischen Gestalt möchte man geradezu einen Grenz-
wächter deutschen Wesens im 14. Jahrhundert erblicken, eine Form
gewordene Synthese zwischen den aus Innerdeutschland überkom-
menen Anregungen mit den Geistern der Landschaft und ihren Be-

') Ähnlich reiche Reliefsäume zeichnen die gleichzeitigen mittelrhcinischen Pietä-
gruppen in Bonn u. Fritzlar und die etwas spätere in Wetzlar aus. Abbildungen:
Pinder, Deutsche Plastik des 14. Jahrh., Taf. LVIII. Religiöse Kunst in Hessen-
Nassau Taf. 66—69. Solche reliefierten, mit Ornamenten gemusterten Säume
kennt auch die böhmische Kunst in der 2. Hälfte des 14. Jahrh., vorzugsweise als
Rahmungen der Achatwände in der Prager Wenzelskapelle und auf dem Karl-
stein, wo sie jedoch deutlich als späterer Zustand über die früheren Malereien
hinweggehend erkennbar sind.

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