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Seidlitz, Woldemar
Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit (Buch 1 - 3): 1464 - 1625 — Dresden, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.43932#0433
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ERSTER ABSCHNITT

CHRISTIAN I
1586-1591

as Zeitalter der Reformation hatte Sachsen an die Spitze der deutschen


\~..J Staaten gebracht und zum Vorkämpfer des Protestantismus gemacht. Durch
die Überspannung des lutherischen Lehrbegriffs in der Konkordienformel war das
Land indes zu dem in der Pfalz und in Hessen herrschenden Kalvinismus in einen
scharfen Gegensatz getreten, den der Katolizismus auszunützen wußte. Zu Ende
des 16 Jahrhunderts war die Gegenreformation in fortdauernder Arbeit soweit
erstarkt daß sie in den östreichischen Erblanden, die bereits so gut wie ganz für
den Protestantismus gewonnen waren, den Kampf für die Erhaltung der alten
Kirche aufnehmen konnte. Durch die Unterstützung Sachsens, das trotz seines
Streits mit den Reformirten die Neutralität meinte wahren zu können, errang
schließlich der Katolizismus den Sieg. Als Folge dieser unnatürlichen Entwicklung
entstand der große Krieg, der ganz Deutschland zugrunde richtete.
Gleichzeitig machte der Reichtum, der durch das Wiederaufleben des erz-
gebirgischen Silberbaus seit dem 15 Jahrhundert herbeigeführt und durch die wirt-
schaftliche Verwaltung des Kurfürsten August befestigt worden war, einem stetig
sich steigernden Schuldenmachen Platz, das durch das Sinken des Geldwerts?und
die Verschlechterung der Münze, die zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges ihren
Höhepunkt erreichte, ins Unleidliche gesteigert wurde. Dabei aber nahmen Prunk
und Pracht der Lebensführung in Kleidung und Nahrung zu, entwickelte sich die
Neigung zur Jagd und zu Saufgelagen in einerWeise, die alle geistigen Be-
strebungen unterband und nur die Sorge um das eigne Wohlergehen bestehen ließ.
Erscheint unter solchen Umständen auch das Hereinbrechen der langen Kriegs-
not mit ihrer Auflösung aller geregelten Verhältnisse und ihrer Verwilderung der
Sitten als ein Strafgericht, so bildet einen Trost die Erkenntnis daß in den Kreisen
des zu Wohlstand gelangten Bürgertums die Schaffensfreude und gediegne Arbeits^
Überlieferung nicht erstorben war, vielmehr gerade während der zwanzig Jahre

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