DRITTES BUCH • 1586-1625
dender Bedeutung nicht nur für das Verhältnis der beiden einander bekämpfenden
Religionsparteien sondern auch für die Stellung des Kaisers im Reich.
Obwohl der Kaiser sofort durch sein Mandat vom 2 April eingriff, konnte
er nicht verhindern daß zwei Tage darauf Brandenburg im Klevischen Gebiet,
Neuburg in den Ämtern des Jülicher Landes und in der Grafschaft Mark
die Besitzergreifung vollziehen ließen, wonach beide fortan die Bezeichnung als
die »Possidirenden« trugen215). Sachsen, das schon 1593 seine Ansprüche auf
Jülich und Berg hatte feststellen lassen und seit 1604 in Verhandlungen mit den
andern Bewerbern getreten war, hatte die Angelegenheit mit solcher Sorglosig-
keit betrieben, daß nicht einmal die Urkunden über sein Anrecht beisammen
waren, so daß es den günstigen Augenblick verpaßte seine besonders gut be-
gründeten Ansprüche gleich von vornherein geltend zu machen, vielmehr Kampf
und Kosten sparen wollte um in vollem Vertrauen auf den Kaiser allen Ge-
winn nur aus dessen Hand zu nehmen und dann gegen die zu Pfand gegebnen
Lausitzen austauschen zu können216).
Jülich, Berg und Ravensberg waren bereits 1483 durch Kaiser Friedrich III
der Albertinischen Linie als Dank für die Dienste versichert worden die ihm
Herzog Albrecht gegen Böhmen geleistet hatte,- 1486 nach der Teilung war diese
Expektanz auch auf die Ernestiner ausgedehnt und 1495 infolge der Dienste die
Albrecht dem Kaiser Max in den Niederlanden geleistet hatte beiden Linien
nochmals bestätigt worden. Getrübt worden war freilich dieses Anrecht gleich
im folgenden Jahr durch die Erklärung der Sukzessionsfähigkeit der männlichen
Nachkommen der Herzogin Marie von Jülich, die später einen Herzog von Kleve
heiratete. Wurde auch 1526 bei der Heirat Johann Friedrichs <des Beständigen)
mit Sibylle von Kleve das Erbrecht der Ernestiner von neuem anerkannt, so
verlor es doch wieder seine Kraft durch die willkürliche Erteilung eines kaiser-
lichen Privilegs von 1546 an die Töchter des mit einer Habsburgerin vermählten
Herzogs Wilhelm von Jülich und Kleve sowie an deren männliche Nachkommen,
woraufhin Kurbrandenburg, Neuburg, Burgau <im Besitz eines östreichischen
Prinzen) und Zweibrücken ihre Ansprüche erhoben.
Da somit die Ernestiner ein noch bessres Anrecht als Kursachsen auf die
Erbschaft hatten, verging der ganze Sommer über Verhandlungen mit ihnen, bis
erst im September die Ansprüche des Gesamthauses Sachsen auf Belehnung und
Besitzanweisung beim Kaiser vorgebracht werden konnten. LInterdessen hatten
aber (Brandenburg und Neuburg, die anfangs einem gemeinsamen Besitz der
Lande widerstrebten, sich in dem Dortmunder Vertrag schließlich doch darüber
geeinigt und die Huldigung der Landstände entgegengenommen. Auch der Herzog
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dender Bedeutung nicht nur für das Verhältnis der beiden einander bekämpfenden
Religionsparteien sondern auch für die Stellung des Kaisers im Reich.
Obwohl der Kaiser sofort durch sein Mandat vom 2 April eingriff, konnte
er nicht verhindern daß zwei Tage darauf Brandenburg im Klevischen Gebiet,
Neuburg in den Ämtern des Jülicher Landes und in der Grafschaft Mark
die Besitzergreifung vollziehen ließen, wonach beide fortan die Bezeichnung als
die »Possidirenden« trugen215). Sachsen, das schon 1593 seine Ansprüche auf
Jülich und Berg hatte feststellen lassen und seit 1604 in Verhandlungen mit den
andern Bewerbern getreten war, hatte die Angelegenheit mit solcher Sorglosig-
keit betrieben, daß nicht einmal die Urkunden über sein Anrecht beisammen
waren, so daß es den günstigen Augenblick verpaßte seine besonders gut be-
gründeten Ansprüche gleich von vornherein geltend zu machen, vielmehr Kampf
und Kosten sparen wollte um in vollem Vertrauen auf den Kaiser allen Ge-
winn nur aus dessen Hand zu nehmen und dann gegen die zu Pfand gegebnen
Lausitzen austauschen zu können216).
Jülich, Berg und Ravensberg waren bereits 1483 durch Kaiser Friedrich III
der Albertinischen Linie als Dank für die Dienste versichert worden die ihm
Herzog Albrecht gegen Böhmen geleistet hatte,- 1486 nach der Teilung war diese
Expektanz auch auf die Ernestiner ausgedehnt und 1495 infolge der Dienste die
Albrecht dem Kaiser Max in den Niederlanden geleistet hatte beiden Linien
nochmals bestätigt worden. Getrübt worden war freilich dieses Anrecht gleich
im folgenden Jahr durch die Erklärung der Sukzessionsfähigkeit der männlichen
Nachkommen der Herzogin Marie von Jülich, die später einen Herzog von Kleve
heiratete. Wurde auch 1526 bei der Heirat Johann Friedrichs <des Beständigen)
mit Sibylle von Kleve das Erbrecht der Ernestiner von neuem anerkannt, so
verlor es doch wieder seine Kraft durch die willkürliche Erteilung eines kaiser-
lichen Privilegs von 1546 an die Töchter des mit einer Habsburgerin vermählten
Herzogs Wilhelm von Jülich und Kleve sowie an deren männliche Nachkommen,
woraufhin Kurbrandenburg, Neuburg, Burgau <im Besitz eines östreichischen
Prinzen) und Zweibrücken ihre Ansprüche erhoben.
Da somit die Ernestiner ein noch bessres Anrecht als Kursachsen auf die
Erbschaft hatten, verging der ganze Sommer über Verhandlungen mit ihnen, bis
erst im September die Ansprüche des Gesamthauses Sachsen auf Belehnung und
Besitzanweisung beim Kaiser vorgebracht werden konnten. LInterdessen hatten
aber (Brandenburg und Neuburg, die anfangs einem gemeinsamen Besitz der
Lande widerstrebten, sich in dem Dortmunder Vertrag schließlich doch darüber
geeinigt und die Huldigung der Landstände entgegengenommen. Auch der Herzog
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