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Seidlitz, Woldemar
Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit (Buch 1 - 3): 1464 - 1625 — Dresden, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.43932#0577
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einen von ihm gefundnen Marmorbrudi zwischen Rauenstein und Lengefeld,- das Kunstkammer-
inventar von 1587 verzeichnet bereits an marmornen Gefäßen für die Fürstentafel 20 Schüsseln,
24 Teller, 75 Konfektschalen usw. In demselben Jahr 1585 konnte er das spätre Fürstenbergsche
Haus am Brückentor (wo sich im 19 Jahrhundert das Finanzministerium befand) mit Hilfe eines
Zuschusses von 2500 Gulden durch den Kurfürsten August erworben (das Johann Georg I
1621 der Witwe, der dritten Frau Nossenis, samt dessen Sammlungen für 15000 Gulden ab-
kaufte). Auf seiner Rückreise von Italien kaufte er 1588 in Murano 600 Gläser für den jungen
Kurfürsten ein (wofür er noch im April 1594 eine Nachforderung stellen mußte).
Carlo de Cesare wurde im Oktober 1590 für die Ausschmückung des Stalls verpflichtet,
wobei er 100 Taler Gehalt, freie Wohnung und alles Material erhielt, während ihm die Modelle
besonders bezahlt werden sollten/ so erhielt er für die vier Fürstenbildnisse der Freiberger Gruft
je 400 Gulden, ebenso viel für das dortige Bildnis Christian I und die vier Tugenden zu den
Seiten des Altars, im ganzen über 6000 Gulden. Im Sommer 1593 reiste er nach Florenz zurück
und trat wieder in den Dienst des Großherzogs. Die Bronzebüste Christian I in der Skulpturen^
Sammlung hatte er für 100 Gulden gefertigt/ laut dem Inventar der Sammlung wurde sie 1595
durch Nosseni abgeliefert. Nach dem Tode der Kurfürstinwitwe Sofie (1622) sollte Nossenis
Nachfolger Sebastian Walter ihre noch fehlende Statue für Freiberg modelliren und der Dresdner
Bürgermeister und kurfürstliche Stückgießer Hans Hilliger sie gießen, doch wurde nichts daraus/
das schwache Bildnis Johann Georg I vom Venezianer Pietro Boselli wurde stattdessen erst 1737
aufgestellt.
Mit der Herstellung der Freiberger Fürstengruft war schon 1589 begonnen worden,- im
August 1592 wurde unter Irmisch der Boden mit Platten belegt,- bis Mitte 1593 waren über 38000
Gulden für die Kapelle aufgebraucht. Das schmiedeeiserne Gitter fertigten Hans Weber und
Hans Klenke in Dresden.
Von den weitern Arbeiten Nossenis sind anzuführen 1593 der Altar der Schloßkirche zu
Waldheim im Auftrag der Kurfürstinwitwe Sofie, 1602 mehrere Gestalten für den Altar der Tor-
gauer Schloßkapelle, der aus dem Dresdner Schloß stammte, besonders Johannes d. T. und Moses,
wofür er erst 1613 die Zahlung erhielt, 1606 der Altar der Sofienkirche in Dresden, 1613 der in
Lichtenburg bei Prettin, endlich das Denkmal das er sich selbst und seinen beiden ersten Frauen
(die dritte hatte er 1609 geheiratet) 1616 in der Sofienkirche setzte, wo der Schmerzensmann wahr-
scheinlich von Zacharias Hegewald (1596—1639 ist (Abb. bei Haendcke S. 59). — 1590 hatte er
auf zwanzig Jahre das ausschließliche Recht nach Marmor und anderen Steinarten zu suchen er-
halten, das ihm 1609 auf Lebenszeit verliehen wurde,- 1598 legte er an der Weißeritz eine Mar-
morschneidemühle an, zugleich ein Schleife und Polirwerk,- 1602 gab er in Dresden die Annali
sopra la statua di Nabuchodonosor in Quarto mit neun Kupfern des Dresdner Goldschmieds
Johann Kellerdaler heraus, im gleichen Jahr auch in deutscher Sprache, worauf er sich viel zugute
tat,- von 1581 bis 1609 hat er sich vielfach durch Erfindung von Aufzügen (Inventionen) ausge^
zeichnet, wofür er auch häufig an fremde Höfe verlangt wurde: der Triumf Neptuns auf der
Elbe 1604 zur ersten Hochzeit des Herzogs Johann Georg (I) verursachte einen Kostenaufwand
von 900 Gulden.
Der Meister starb hochbetagt am 20 September 1620 in Dresden. (Handschriften Nossenis
befinden sich auf der Dresdner Bibliotek unter J. 58b und 59T K 271 und 371).

28. KRELLS PROZESS
Der Prozeß, der dem unglücklichen Kanzler Krell unmittelbar nach dem Tode Christian I
gemacht wurde und am Tage vor dem Regirungsantritt seines Nachfolgers Christian II mit der
Verurteilung zum Tode endigte, zog sich durch die vollen zehn Jahre der Verwaltung des Ad-
ministrators und war durch die allgemeinen Verhältnisse bedingt welche während dieses letzten
Jahrzehnts des 16 Jahrhunderts in Deutschland die Spaltung zwischen den unter der Leitung der

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