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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0112
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F. v. Lusohan.

und unserem Kultbild. Sie können gleichaltrig sein, aber wir haben gerade in Sendschirli
das Tafel LIV abgebildete schöne Grabrelief der Königin unmittelbar an der Ostwand von
Hilani I und doch unterliegt es keinem Zweifel, daß Jahrhunderte zwischen der Errichtung
dieses Grabmals und der Erbauung von Hilani I liegen. In ähnlicher Weise möchte ich an-
nehmen, daß auch das Kultbild von der Ostwand des Hilani II wesentlich jünger ist, als dieser
Bau; wenn mit Sicherheit feststände, daß die oben erwähnten Pferdeköpfe wirklich zu dem
Sockel des Kultbildes gehören, würde diese Annahme zur Gewißheit werden müssen. Der
stilistische Unterschied zwischen der Sphinx von Hilani II und den Pferdeköpfen scheidet eine
auch nur annähernd gleichzeitige Entstehung völlig aus. Aber auch der große Block mit
den Hinterteilen des Pferdegespanns gehört, soweit die mangelhafte Erhaltung einen Schluß
zuläßt, weit eher gegen das Ende der Regierung des Barrekub, also in die Zeit von rund
720 v. Ohr. als in die mindestens ein Jahrhundert zurückliegende Zeit der Erbauung von
Hilani II.
C. DIE BILDWERKE VON HILANI III.
1. Die Sphinx-Basen.
Die große, nach Osten gewandte Öffnung des Vorraumes von Hilani III war von
zwei Säulen gestützt, deren Sockel, nur unwesentlich verschoben, noch nahezu in situ auf-
gefunden wurden. Diese Sockel waren als zwei nebeneinander stehende weibliche Sphinxe
gebildet, auf deren Rücken ein niedriges kreisrundes Kyma aufruhte. Eine vorläufige Ab-
bildung eines dieser Sockel ist bereits auf Tafel XXXIII gebracht worden; ich gebe hier,
Tafel LVI, zwei größere Abbildungen. Nur der eine der Sockel ist vollständig und bis auf
kleine Beschädigungen der Nasenspitzen intakt aufgefunden worden. Von dem anderen fehlt
nahezu ein Viertel des ganzen Steines mit dem Kopf, der Brust und den Vorderbeinen einer
Sphinx. Dieses ganze große Stück ist bisher nicht zum Vorschein gekommen, es muß irgend-
wo in dem noch nicht untersuchten Teile des Hügels sekundär verbaut sein. Die intakte
Basis ist nach Konstantinopel gelangt, die beschädigte nach Berlin, wo sie inzwischen ergänzt
wurde. Die hier gegebenen Abbildungen sind aber von dem nach Konstantinopel gelangten
vollständigen Stücke aufgenommen.
Die Sphinxe haben Löwenleiber mit einer sich bis zu den Hinterbeinen erstreckenden
Bauchmähne. Brust und Schultergegend sind mit elf Reihen Federn bedeckt, die wie Panzer-
schuppen aussehen und eine deutliche Mittelrippe tragen. Der ganze Hals ist frei, ebenso
die Vorderbeine, an deren hinteren Rand, oben mit kleinen Spirallocken beginnend, Haare
angedeutet sind, die in der gleichen, etwas unbehülfliehen Weise stilisiert erscheinen wie die
Bauchmähne. Hinter der Schulter beginnen die aus acht sich dachziegelförmig deckenden
Reihen von langen Federn gebildeten Flügel, die dem Rücken flach anliegen und ihn hinten
noch etwas überragen. Ein zweites kürzeres, nur aus vier Reihen von Federn gebildetes
Flügelpaar wächst aus der Schultergegend hervor und berührt, leicht nach hinten ausbiegend,
die Oberfläche der Plinthe. An den Hinterbeinen sind Sehnen und Muskeln in guter Natur-
beobachtung hervorgehoben, während die Zehen etwas schematisch behandelt sind. In der
reinen Seitenansicht erscheint das rechte Hinterbein stark vorgesetzt; in dem so zwischen den
beiden Beinen frei werdenden Raum ist das Schwanzende mit nach oben gewandter, sehr
unbeholfen, fast wie ein Pinienzapfen oder eine Ananas aussehender Quaste recht geschickt
angeordnet. In der Ansicht von vorn erscheinen beide Vorderbeine gleich aufgesetzt, so daß
die Tiere wohl als ruhend zu denken sind. Die Ansicht von hinten (vgl. Tafel LVI unten
und hier Fig. 250) ist im Vergleiche mit den drei übrigen Ansichten wenig sorgfältig be-
handelt; sie zeigt von jeder Sphinx wiederum zwei Hinterbeine und noch einmal einen
 
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