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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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I. und II. Lieferung
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Aus Büchern und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0038

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28

(vg!. Garber, S. 26ff.). Die Benediktkirche ist ein kieiner Bau, eine iändiich
vereinfachte Basilika, die übrigens zur Zeit der Fertigstellung im Innern
üppig genug ausgesehen haben mag. Wandgemälde, Zierwerk in Stukko und
sogar solches in Marmor sind durch erhaltene Reste klärlichst angedeutet.
An den Wänden gegen Norden und Osten sind Bilder erhalten. Sie werden
in der Garberschen Veröffentlichung abgebildet, soweit sie noch leidlich er-
halten sind, und eingehend beschrieben. Garber deutet mit guter Begründung
die Bilder an der Nordwand zumeist als Szenen aus dem Leben des Saulus
(später Paulus) und Stephanus. Vorläufig nicht recht zu deuten ist eines der
Bilder, das vier Kleriker mit großen Tonsuren darstellt. Einer, rechts im
Bilde, schreibt und erhält seine Eingebungen durch Vögel, wohl Tauben,
die nahe bei seinen Ohren dargestellt sind. Ist wohl Paulus gemeint, der
Briefe, schreibt? Die drei übrigen Kleriker bilden eine, wie man annehmen
darf, inhaltlich zusammengehörige Gruppe, in der es sich um das Über-
reichen eines Buches handelt (vgl.Tafel VH). Vielleicht ist's wieder Paulus,
der seine Briefe den Jüngern zur Verbreitung einhändigt. Die wenige er-
haltene Schrift könnte aus dem Brief Pauli an die Hebräer sein, und zwar aus
Vers 7 und 8 oder aus 9, was ich übrigens ausdrücklich nur als Möglich-
keit hinstelle nach den wenigen erhaltenen Worten „angel . ." und etwas
wie „videmus". !n der kleinen Abbildung ist ein Lesen unmöglich. Wohl
zu beachten ist die Architektur, die noch Bogenleibungen in verkürzter Form
darstellt, und eine etwas geöffnete Tür mit Giebelbekrönung. Oben ein
breiter Mäanderstreifen^ anscheinend in Parallelprojektion gezeichnet.
Die Ostwand, wo drei Nischen angebracht sind, zeigt in der mittleren
Christus, in den seitlichen je eine Heiligenfigur. Überdies sind zwei Einzel-
figuren erhalten, und zwar die eines weltlichen Machthabers und Stifters in der
Tracht eines karolingischen Kriegers und die eines geistlichen Stifters, der
das Modell des Benediktkirchleins vor sich hält. Beide sind durch den vier-
seitigen Nimbus ausgezeichnet, wodurch angedeutet ist, daß sie zur Zeit
der Darstellung noch am Leben waren. Man kennt diese Nimbenform nicht
zuletzt aus den ravennatischen Mosaiken.
ln bezug auf die vermutliche Entstehungszeit der neuaufgedeckten
Wandmalereien ordnet sie Garber ein zwischen den karolingischen Gemälden
aus der Johanneskirche zu Münster im Schweizer Tauferertale (sie sind durch
J. Zemp veröffentlicht und jetzt im Landesmuseum in Zürich aufgestellt) und
den um ein Jahrhundert später fallenden Bildern in Oberzell auf der Reichenau
(publiziert von F. X. Kraus, 1884. Dazu auch Rahn im Repertorium für Kunst-
wissenschaft VH, 476 ff.). Eine wohl ausreichende Begründung wird durch
Garber zusammengestellt (S. 14 bis 28).
Die Funde in der kleinen Benediktkirche sind so reichhaltig auch in
bezug auf kirchliche Altertümer und kunstgewerbliche Reste, daß die christ-
liche Kunstarchäologie der Anknüpfungspunkte genug finden wird, um oft-
mals wieder auf die Malser Funde zurückzukommen. Was die Erläuterungen
zu den entdeckten Stukkoverzierungen betrifft, erlaube ich mir einiges zu
sagen. Den Rosettenrahmen (S. 45) nehme ich als einen Streifen von Pal-
metten (nicht Halbrosetten) und Anthemien. Für das Zierwerk, das als Füll-
hornrahmen beschrieben wird (wieder S. 45), hätte ich eine andere Deutung
vorzuschlagen. Ich erblicke .darin eine nachzüglerische provinzielle Ver-
gröberung der klassischrömischen Ranke mit Akanthosmotiven, wie sie in
 
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