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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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III. und IV. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Der menschliche Körper, [2]: Beiträge zur Muskellehre
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0083

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Gastrocnemius merklich hervortritt, ferner die MM. peronei an der Außen-
seite des Unterschenkels. Ihre Sehnen biegen sich hinter dem äußeren Fuß-
knöchel (dem Malleolus externus) herum. (Im Zusammenhang mit J. M. Fischers
Muskelmann noch weitere Erörterungen.)
111.
Johann Martin Fischers Muskelmann.
ln der Zeit um 1800 beherrschten F. A. Zauner, J. M Fischer und Jos.
Klieber die Wiener Plastik. Canova und später Thorwaldsen, die berühmten
Ausländer, zogen dort nur vorübergehend ihre Kreise. Unser L. Kisling und
J. Schaller aus der nächstfolgenden Generation von Bildhauern waren um
die Wende des Jahrhunderts noch nicht in der Öffentlichkeit bekannt.
Zauner wird noch heute viel genannt, sicher seines auffallenden, in vieler
Beziehung bewunderungswürdigen Kaiser-Josef-Denkmals und seiner Karya-
tiden wegen. Er hat in neuester Zeit einen Biographen gefunden. Jos. Klieber
ist trotz seiner anhaltenden, freilich oft etwas handwerklichen Tätigkeit
nahezu vergessen, ich meine mit Unrecht. Sogar Joh Mart. Fischer wird
wenig beachtet, obwohl die Kunstverständigen gelegentlich anerkennend vor
seinen Brunnenfiguren in der Alserstraße, auf dem Franziskanerplatz, dem
Graben, vor der Hygieia im Vorgarten des Josefinums haltmachen oder
sonstwo einige seiner Arbeiten aufsuchen. Freilich nicht viele von den
Flunderten, die z. B. in der Theresianischen Akademie tagtäglich aus- und
eingehen, haben auch nur einmal zum Giebel des Gebäudes hinaufgeblickt
mit dem Bewußtsein, daß dort ein Werk J. M. Fischers zu sehen ist. Ich
meine den großen kaiserlichen Adler mitten im Giebelfeld. De Freddy in
der „Descrizione della citä ... di Vienna" (1800) hebt diese Arbeit hervor
als „pregievole lavoro eseguito dall'insigne scultore Martino Fischer". Die
kunstfreundlichen Wiener gehen auch im Esterhazypark gewöhnlich an
Fischers Herkules mit dem Löwen vorüber, ohne sich daran zu erinnern,
daß sie eine monogrammierte Arbeit Fischers aus dem Jahre 1808 vor sich
haben.*)
Dagegen ist den meisten, die mit einiger Aufmerksamkeit das Museum
für Bildnerei in der Wiener Akademie der bildenden Künste durchwandert
haben, dort Fischers Anatomiefigur aufgefallen, der lebensgroße Muskel-
mann, die Bleifigur mit der Künstlerbezeichnung und Jahresangabe:
MARTIN FISCHER
PROF. 1803.
(in wenig erhobener, aber deutlichster Capitalis elegans).

*) Dazu „Monatsbtatt des Wiener Altertumsvereins", März 1893. Nach meiner
eigenen Lesung iautet die Inschrift:
M : F : P : 1808.
(eingegrabene lateinische Kapitaiis). Das P bedeutet: Professor. Die Oberfläche der
beachtenswerten Bleigruppe ist von den Athmosphärilien schon stark mitgenommen
und ich möchte nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß diese Skulptur fürs Ver-
sorgungshaus, beziehungsweise für den Ruhestand in einem Museum längst reif ist.
Für die Aufstellung im Freien würde sich ein Nachguß in Bronze, sogar eine Aus-
führung in Stein empfehlen, da man jetzt kein Metall zur Verfügung hat.
 
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