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II. DER FRIEDHOF S DES NEUEN REICHES

südlich der Talmulde größere Bauten, z. B. S 2, 4, 5, 13 errichtet worden waren. Gegen
Ende der 18. Dynastie und im Anfang der 19. nimmt, wie auch sonst in Nubien, aus Grün-
den, die sich nur vermuten lassen, die Zahl der ägyptischen Gräber ab. Erst in der Rames-
sidenzeit entsteht am Nordwestrande der Nekropole und noch weiter im Norden ein neues
Viertel von Gräbern, die Gruppen S 55,56, 58,61,109, SA 33 —35 sowie SA 36 und SA 5 —7. In
ihnen herrscht aber nicht mehr die traditionelle bodenständige Form der dem Wohnhaus
nachgebildeten, von einer Tonne überwölbten Ziegelkapelle, sondern die neumodische, aus
der Reichshauptstadt Theben übernommene ägyptische Pyramidef1).
Sehen wir zunächst von den NR-Gräbern in Aniba und Buhen ab, so haben wir in den
ägyptischen Nekropolen Nubiens zwei Grab-Typen: das Flachgrab und das Schachtgrab;
s. Aniba I 12(2). Die Flachgräber sind rechteckige, im Wüstenboden ausgehobene, einfache
Gruben oder Gruben mit einem kleinen Nebenraum und enthalten in der Regel nur eine
Leiche. Die Schachtgräber haben tiefer unter dem Erdboden angelegte Grüfte mit einer
oder mehreren Kammern und sind teils als Einzelgräber, teils als Massen- bzw. Familien-
gräber verwendet worden. Sie sind verhältnismäßig selten und in größerer Zahl nur in den
Friedhöfen von Dakka und Kuban (Aniba I 12) vertreten.
In Aniba und auch in Buhen fehlen die Flachgräber vollständig, und es sind nur
Schachtgräber mit einem senkrechten Fall- oder mit einem Treppenschacht vorhanden.
Die Anlage an unterirdischen Bestattungsräumen ist gewöhnlich die, daß um eine, von der
Schachtsohle durch eine Tür zugängliche Hauptkammer mehrere kleine Nebenkammern
(alcoves) gruppiert sind. Leider waren in Aniba fast alle Grüfte durchwühlt und beraubt;
nur zwei Grabkammern sind unberührt gefunden worden: in der einen (S 91) war ein Ehe-
paar, in der anderen (S 4) drei Leichen beigesetzt. Meist aber haben die Grabkammern eine
größere Anzahl von Leichen enthalten, worauf die Menge der darin gefundenen Ge-
beine, Schädel und Knochen, sowie die Reste von zertrümmerten Särgen hinweisen. Noch
deutlicher als in Miam zeigt dies der Befund in Buhen. Hier war die Hauptkammer des
älteren, sogen. 12. Dynastie-Grabes K 24, vollgepfropft mit Leichen, die in Holzsärgen be-
stattet waren; sieben oder noch mehr waren in dem nicht allzugroßen Raume dicht neben
einander gesetzt, während in der kleinen Nebenkammer noch zwei andere Skelette lagen
(Buhen Text S. 206f.). In dem unversehrten Grabe K 10 waren in dem Haupt- und in dem
Nebenraume nicht weniger als 17 Tote verschiedenen Geschlechts und Alters, nach den
Beigaben zu schließen ärmere Leute bestattet (Buhen Text S. 202), in K 12 mindestens
8 Leichen (a. a. O. 203). Dabei bleibt es eine offene Frage, ob etwa die Schachtgräber ur-
sprünglich nur einen Hauptraum enthalten haben und nur für eine Person oder Familie
bestimmt waren und erst später zu Massengräbern durch Hinzufügen neuer Kammern
erweitert worden sind, oder ob Unternehmer sie von vornherein als Massengräber angelegt
haben. Bei den späten Pyramidengräbern ist es wahrscheinlich, daß sie nur einer Einzel-
person oder den Mitgliedern einer Familie als Begräbnis gedient haben. Jedenfalls über-
wiegt in Miam und Buhen in der älteren Zeit des NR die Zahl der Massengräber bei weitem;
das ist ein Beweis dafür, daß sich die dortige Beamtenschaft und auch die übrige Bevölke-
(1) Über die bauliche Anlage der Gräber s. den folgenden Abschnitt von Dietrich Mareks.
(2) Ein dritter, von Emery-Kirwan 487 als D 3 bezeichneter Typus (etwa 1 m tiefe rechteckige Grube
mit einer Seitennische für den ausgestreckten Leichnam) kommt kaum in Betracht.
 
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