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DIE ANLAGE DER GRÄBER

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in reicherer oder einfacherer Ausführung sind, während in der 19. und 20. Dynastie die
Pyramidenform herrscht. Ich würde daraus schließen: das Kapellengrab von Aniba, wie es
in Folgendem beschrieben werden wird, ist in derZeit der 12. Dynastie oder kurz vorher
entstanden. Aus der Zeit zwischen der 12. und 18« Dynastie sind keine Oberbaureste er-
halten; wahrscheinlich hat es in dieser Zeit nur ärmliche Bestattungen gegeben. In der
18. Dynastie richtet man sich nach den noch erhaltenen örtlichen Vorbildern aus der 12.
Dynastie. In der 19. und 20. Dynastie übernimmt man die „Reichsmode“ der Pyramiden,
wie sie aus Dirä-Abu’n-Naga und Der el-Medina bekannt ist.
I. Das Grab in der Form des gewölbten Hauses, die Kapelle, zeigt in seiner ein-
fachsten Ausbildung einen Raum über rechteckiger Grundfläche; er ist mit einer Tonne
überwölbt, deren Scheitellinie in Richtung seiner Längsachse läuft. Seine Schmalseiten sind
durch zwei (rechteckige) Giebelwände abgeschlossen.
Die Eingangstür befindet sich in der östlichen Giebelwand; ihre Außenseite ist häufig
durch einen kleinen Portalvorbau betont; die beiden Mauerzungen, die die Tür im Grund-
riß flankieren, sind wohl als Fundamente eines Portalvorbaus zu deuten. (Vgl. hierzu die
Grundrisse der Gräber S 2, S 3, S 4, S 8—10, S 12, S 14, S 22, S 35, S 38, S 42,
S 45, S 46 ,S 52, S 77, sowie das Nebengrab außen an der Westmauer von S 31 (Taf. 21 d),
das in kleinem Maßstab, gleichsam als Modell, eine Anschauung von der Form des Kapellen-
grabes vermittelt). Der Kapellenraum, der in vielen Beispielen der ganze Oberbau, in
anderen sein Kernstück ist, hat als Totenkapelle für den Kult des Verstorbenen gedient.
Unter dem Pflaster seines Fußbodens befindet sich der Zugang zu der unterirdischen Kam-
mer, in der der Tote beigesetzt wurde. Das Lehmziegelmauerwerk seiner Innenwände und
die gewölbte Decke tragen weißen oder farbigen Putz, den Untergrund für die Wand-
malereien, mit denen der Raum zweifellos geschmückt war. Der Fußboden ist mit einem
Pflaster aus Lehmziegeln und Lehmestrich sorgfältig eingeebnet. Die iy2 bis 2-Stein-
starken Seitenwände steigen bis zur Kämpferlinie senkrecht an, d. h. bis zu einem Drittel
oder der Hälfte der Höhe des Raums. Auf ihnen ruht die Tonne, deren Wölbung einen Halb-
kreis oder eine parabelartige Kurve beschreibt. Je nach der Breite des zu überspannenden
Raums bzw. der Stärke der Widerlagsmauern besteht das Gewölbe aus ein bis drei über
einander liegenden Kappen hochkant gestellter Lehmziegel des gleichen Formats, wie es
die für das übrige Mauerwerk verwendeten Ziegel haben. Ziegel von einem Format, das
eigens für das Gewölbe hergestellt sein könnte, lassen sich nur an der Kapelle des Grabes
S 66 nachweisen f1).
Die Spannweite des Gewölbes beträgt im Durchschnitt etwa 2,0 m im Lichten; sie
bewegt sich bei den verschiedenen Beispielen in Maßen bis zu 2,90 m; die Längenabmessun-
gen schwanken zwischen 2,50 m und 10,0 m, bei einem Durchschnittsmaß von etwa 6,0 m.
Der Scheitel des Gewölbes mag bei den Gräbern mittlerer Größe in einer Höhe von etwa
3,0 m über dem Fußboden der Kapelle gelegen haben.
Diese Grund- und Kernform des Tonnengrabes erfährt bei manchen Beispielen eine
Erweiterung durch einen der östlichen Giebelwand der Kapelle vorgelagerten Raum, den
Hof; vgl. die Grundrisse von Grab S 39 und S 68. Seine Umfassungsmauern schließen eine
(x) Maße der vermutlich für das Gewölbe des Grabes S 66 verwandten Ziegel: 7 X 19 X 42 cm.

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