Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
44

II. DER FRIEDHOF S DES NEUEN REICHES

rechteckige oder quadratische Fläche ein, die in der Regel etwas breiter ist als der Kapellen-
bau. Der Eingang liegt in der Wand gegenüber dem Giebel der Kapelle, achsial angeordnet.
Bei reicheren Anlagen ist dieser Hof erheblich breiter als der Kapellenbau. Seine Um-
fassungsmauern schließen diesen ein und bilden mit seinen Außenwänden einen schmalen
Gang, der die Kapelle umgibt, den Umgang. Dieser Umgang steht in unmittelbarer Ver-
bindung mit dem Hof, oder ist durch eine Verbreiterung der (östlichen) Portal wand der
Kapelle gegen ihn abgeschlossen; vgl. die Grundrisse der Gräber S 5, S 13, S 33, S 64; S 31
und S A 27; auch S 54 und S 41.
Hiermit ist der Typus des Kapellengrabes in seinem Oberbau voll entwickelt und stellt
sich als eine dreigliedrige Anlage dar, die sich aus 1. dem Hof, 2. der Kapelle, 3. dem Umgang
zusammensetzt.
Auf die Frage nach der Zweckbestimmung des Hofs und, im Zusammenhang mit ihm,
des Umgangs geben mancherlei Einzelheiten seiner baulichen Ausgestaltung Antwort.
Bei manchen Gräbern (z. B. S 33, S 66; Taf. 256) finden sich in der östlichen Giebelwand
des Kapellenbaus, neben der Außentür zum Kultraum, Nischen, in denen Stelen gestanden
und Opfergaben Platz gefunden haben mögen. Demnach scheint der Hof kultischen
Zwecken, die mit dem Zeremoniell der Bestattung und des Gedenkens zusammenhingen,
gedient zu haben. Er wird der Versammlungsraum für die Familie und die Klientel des
Verstorbenen bei seiner Bestattung gewesen sein.
Auf die Riten der Beisetzungsfeierlichkeiten weisen aber auch Reste anderer Bauteile
hin. Sie geben gleichzeitig einen Anhalt zur Beantwortung der Frage, ob der als Hof be-
zeichnete Teil der Grabanlage gegen den Himmel offen war, oder ob er ganz oder teilweise
unter Dach gelegen hat.
Die Portalvorbauten, die die Eingangstüren zur Kapelle außen umrahmen, finden sich
auch bei Gräbern, denen Hof wie Umgang fehlen (z. B. S 2, S 3, S 4, S 10, S 45, S 46). Sie
sind also offensichtlich Teile einer Außenarchitektur. Ihr Vorkommen in einem Hof legt
daher, wie die Gräber S 13, S 31, und S 64 zeigen, die Folgerung nahe, daß dieser ein offener
Außenhof ist.
Die Höfe einiger Gräber, wie S 5, S33, S 39, S 41 und SA 27, weisen symmetrisch zur
Hauptachse angeordnete Pfeilerstellungen, ein oder zwei Paare, auf, deren Abstand, quer
zur Hauptachse gemessen, fast auf den Zentimeter genau dem Breitenmaß der einander in
der Hauptachse gegenüberliegenden Türöffnungen gleicht. Im Grundriß ergibt die Pfeiler-
stellung das Bild einer verhältnismäßig eng zusammenstehenden Gruppe, deren rechteckige
Grundfigur eine ausgesprochene, mit dem oblongen Querschnitt der Pfeiler bisweilen noch
betonte Richtung im Zuge der Hauptachse zeigt. Diese Anordnung und Ausbildung der
Pfeiler erlaubt die Vermutung, daß sie die Reste einer pergola-artigen Einstellung sind,
eines überdeckten Mittelgangs, der von der Eingangstür des Hofs zum Eingang der Kapelle
führte. Vorbilder eines derartigen Prozessionsweges aus der großen Architektur, wie sie
im großen Luxortempel und im Hofe des Tempels der Mut zu Karnak vorkommen, mögen
die Erbauer dieser Gräber zu einer bescheidenen Nachahmung angeregt haben.
Die an sich nahe liegende Deutung der Pfeiler als Träger eines den Hof ganz über-
spannenden Daches erklärt nicht ihre enge Gruppierung, da gleichmäßige Abstände von
Pfeiler zu Pfeiler und von Pfeiler zu Wand zweckmäßig gleiche Längen für die Hölzer der
 
Annotationen