Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vöge, Wilhelm; Panofsky, Erwin [Bearb.]
Bildhauer des Mittelalters: gesammelte Studien — Berlin, 1958

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.31190#0244
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2o8

Zeitschrift filr christliche Kunst, ]g. 35, igo2

Fürstenportal, wie die Ausschmückung des Chores im Innern das Ergebniß eines Aus-
gleichs zwischen den berechtigten Reserven der Bauverwaltung und dem natiirlichen Ver-
langen des Meisters. Es ist anzunehmen, daß er es war, der gerne am Außenbau ein
Statuen-Säulenportal nach französischem Muster schaffen wollte, oder der doch die Ver-
kleidung eines schon vorhandenen Portales mit Statuen nur vorschlug, weil er sah, daß
mehr nicht zu erreichen war. Daß man den gewöhnlichen Eingang von der Stadtseite aus
wählte, der bisher schmucklos geblieben war, ist nur natiirlich.

Das Sinnvolle in der Auswahl der Figuren ist friiher schon von mir betont. Zudem sind
Adam und Eva an den Portalen, zumal dieser Gegend, bis zur Renaissancezeit hin beliebt
gewesen.

Eine gewisse Ungleichmäßigkeit in der Bildung der Fußgestelle erklärt sich aus der deut-
schen Art des Meisters, aus seinem wunderlich regen Erfindungsdrange. Wie will man
auch aus der Verschiedenheit der Fußgestelle des Kaisers und der Kaiserin z. B., oder
Adams und Evas den Schluß ziehen, diese Figuren könnten nicht urspriinglich zusam-
mengehört haben, da sie doch paarweise dem Sujet nach zusammengehören, Plinthe und
Figur aber immer aus einem Blocke genommen sind? Die Mannigfaltigkeit der Sockel-
bildung hängt zudem zusammen mit dem verschiedenen Charakter der von dem Bam-
berger verarbeiteten Reimser »Vorbilder«. Dies ist, glaube ich, auch bei dem h. Stephanus
der Fall, der auf eine der in Diakonentracht gegebenen (!) Engelstatuetten am Thiir-
pfosten des Reimser Elauptportals zuriickzugehen scheint. Mit diesen hat er die eigen-
thiimlich weitfaltig abstehende Dalmatika gemein, die in dieser Art den großen Diako-
nenstatuen dort nicht eigen ist. Die Engelstatuetten aber stehen, wie in Bamberg der
Heilige, auf einem Wolkenkissen! Die Säulensockei sind an der rechten Seite des Portals
anderer Art als an der Linken. Sie sind rechts dem Säulenschaft entsprechend gerundet,
links dagegen polygonal. Dies kann allerdings nicht von Anfang an so gewesen sein.
Aber ist nicht hier die Schwierigkeit genau die gleiche, einerlei ob ich die Ausschmiickung
in's XIII. oder in's XVI. Jahrh. setze? Muß ich nicht in beiden Fällen doch eine spätere
theilweise Herstellung annehmen, die, sei es die linke, sei es die rechte Seite betraf?

Die von Pfister gegebenen Ausziige aus den Werkamtsrechnungen setzen uns, glaube
ich, in die Lage, wenigstens eine Vermuthung zu wagen, wann eine solche Restauration
(von dreien der Sockel) stattgefunden hat. Zum Jahre 1662/63 ist hier nämlich ver-
zeichnet: »15 fl. 5 Pfd. Hans Paul Jogen, Steinmetz zu Zeil, fiir Brechen und Bearbeiten
von drei steinernen Säulen und Postamente vor der Domthiire16.« Da diese Angaben fiir
den vorliegenden Fall genau passen, indem es sich hier ja um drei Säulen nebst Posta-
menten handelt, und die Bezeichnung vor der Domthiire jedenfalls am wahrschein-
lichsten auf die Adamspforte geht17, so diirfen wir diesen Vermerk vielleicht auch auf
sie beziehen. Die Restauration wird die linke (siidliche), nicht die rechte Seite betroffen
haben, da die rechts gegebenen Sockel sich nicht nur weit besser dem Gewände ein-
gliedern, sondern auch in ihrer kreisförmigen Gestalt an ähnliche Bildungen am siidwest-
lichen Thurme wie am Papstgrabe erinnern. Bei einer Restauration des Portales im
vorigen Jahrh. scheint der vorhandene Zustand mit Absicht gewahrt zu sein.

17 Sind die »Muscheln an der Kirchthüre« die zwei Jahre später der Zinngießer reparirt,
identisch mit den metallenen muschelartigen Knöpfen an den Archivolten der Gnadenpforte?
Daß die Bezeichnung »Kirchthür« einen Nebeneingang bezeichnen soll, scheint die Notiz S. 32,
z. J. 1749/50 zu ergeben.
 
Annotationen