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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 15.1915/​1916

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Eschwege, Elmar von: Im Kriegsgebiet von Belgrad
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Ganske, Willy: Karl Schuch: zu seinem 70. Geburtstag am 30. September
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https://doi.org/10.11588/diglit.57056#0630

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626

Die Werkstatt der Kunst.

XV, heft §8.

Leider war es mir nicht vergönnt, diesen erst nach drucksvollen Aufenthalte mit einem der gewöhn-
meinem Aufenthalt in Belgrad fertig werdenden lichen Züge in die Heimat zurückkehren.
Schienenweg zu benutzen,- ich mutzte von dem so ein-
Rai»l Sckucd.
Zu seinem 70. Geburtstag am 30. September.
von Willi Ganske.

Als der wiener Maler Karl Schuch am 43. Sep-
tember 4903 kurz vor Vollendung seines 57. Lebens-
jahres starb, kannten nur wenige Freunde seine Be-
deutung als Maler. Schuch hatte im Beginn
seines Kunstschaffens wohl die Ausstellungen be-
schickt, aber die Zeit war damals noch nicht reif
für die Erkenntnis dieses bedeutenden deutschen
Malers. Das gleiche Schicksal hatten seine Mit-
kämpfer Leibl und Trübner zu erleiden. Leibl hat
noch schwer um Anerkennung ringen müssen, als
er sein Hauptwerk schon gemalt hatte, nur Trüb-
ner, der Leibls breite Malweise zur Vollendung
führte, hat, wenn auch langsam, früher Anerkennung
und Ruhm gefunden. Schuch hatte bald den
Kampf um den äußeren Erfolg aufgegeben, er be-
schränkte sich auf sich selbst in heißem Ringen um
die Meisterschaft im Handwerk, wie er sie bei den
alten Meistern schätzte. Ihre bewährten Kunst-
mittel hat er in neuzeitlichem Sinn erneuert und
ist so neben Leibl und Trübner Mithelfer gewesen,
um der deutschen Malkunst neue Bahnen zu weisen.
Lin tückisches Leiden, das dem noch nicht Fünfzig-
jährigen den pinsel aus der Hand wand, hat ver-
hindert, daß er noch im Besitze seiner vollen
Geisteskräfte seinen Malerruhm erlebte.
Nach dem Tode Schuchs kam Trübner nach
Wien und bestimmte die Witwe, Bilder des ver-
blichenen auszustellen. Im November 4904 er-
regten dann bei Eduard Schulte in Berlin einige
Stilleben und Interieurs des Künstlers die Auf-
merksamkeit der Kenner. Im nächsten Jahr wur-
den neben Stilleben auch Landschaften und das
treffliche Selbstbildnis Schuchs ausgestellt. Der Er-
folg war durchschlagend. Liner der hervorragend-
sten Maler unserer Zeit war entdeckt, aus „dem
Maler des Leiblkreises" wurde — Schuch, eine
neue Kunstgröße. Tschudi kaufte Werke für die
Nationalgalerie, Lichtwark für die Hamburger Kunst-
halle. Auf der Ausstellung des Münchener Kunst-
vereins konnte man auch die großen Gemälde des
Meisters bewundern, und Schuch stand nun eben-
bürtig neben Leibl und Trübner.
Der Künstler ist 4846 in Wien als Sohn eines
wohlhabenden Kaffeehausbesitzers geboren, den er
im Alter von sechs Jahren verlor. Seine große
Handfertigkeit im Zeichnen veranlaßte den Vor-
mund, die Einwilligung zum Malerberuf zu geben
Der Landschaftsmaler halauska war von 4864 bis
4867 sein Lehrer und im nächsten Jahr begleitete
der Schüler diesen auf seiner Studienreise nach
purkersdorf. hier entstandene Arbeiten zeigen schon

starke Beobachtung in Luft und Licht. Schuch ver-
ließ dann seinen Lehrer und ging nach Italien,
wo er den Architekten Lang traf, der später Maler
wurde und mit dem er nach Rom, Neapel und
Sizilien ging. Im Herbst 4869 Zog es den jungen
Künstler dann nach München, wo er im Winter
487O/7f Trübner kennen lernte. Bei einem Stu-
dienausflug nach dem Walchensee wurde er mit
Leibl bekannt und trat dann dem Leiblkreis näher,
zu dem damals Thoma, Hirt, Alt, Haider, Sperl,
Schider und Sattler gehörten. Leibl mit seiner
Fähigkeit, die Natur zu erfassen, wurde Schuchs
Vorbild. Trübners starkes koloristisches Können
führte ihn auf die Bahn, die Farbengebung stark
zu betonen und sein pinsel fand einen Kolorismus
von unerhörtem Ldelsteinglanz und fließenden Ton-
werten. Er sah die Wirklichkeit im prangen der
schönen Farbe, die er mit altwienerischer Kultur
verschmolz. So wurde er der größte Stillebenmaler
unserer Zeit, dessen Werke in vollendeten Farben-
akkorden auf Licht und Ton abgestimmt sind.
Dieser Münchener Zeit entstammen die beiden
Bilder der Berliner Nationalgalerie „Hummer-
stilleben" und „Apfelstilleben".
Im Winter 4872/73 traf sich Schuch mit Trüb-
ner in Venedig und besuchte darauf Rom und Ne-
apel. Im Sommer 4873 ging er an den Hinter-
see, wo er Landschaftsstudien schuf, die er wie
Stilleben in einer breiten und weichen Technik malte.
Lin prächtiges Bild dieser Zeit ist das „Gasthaus
in Ramsea", in dem der Künstler wohnte, hier
trat Schuch auch dem Maler Karl hagemeister
näher, mit dem ihn später einige Freundschaft ver-
knüpfte. hagemeister verdanken wir die treffliche
Schuch-Biographie, die durch den Abdruck von
Briefen Schuchs an den Freund dokumentarischen
wert hat. Im Herbst ging Schuch dann mit hage-
meister über Wien und Dresden nach Brüssel, von
wo sie Weihnachten einen Abstecher nach Holland
machten. Die Bilder van der Meers in Amster-
dam wurden eine Offenbarung für Schuch, doch
die alten Meister stärkten nur die Aufrichtigkeit des
Strebens nach Wahrheit bei dem Künstler. Er
hat niemals einen Meister zum unmittelbaren Vor-
bild genommen. Im Sommer 4874 ging Schuch
mit Trübner nach Rügen, dem Bayrischen Wald
und dem Chiemsee, im Frühling 4875 nach Italien,
wo er in Clevano Ansichten der Ortschaft und der
dortigen Casa Bald! in prächtiger Tonschönheit
malte. 4876 verließ Schuch München und richtete
sich dicht am Canal grande in Venedig mit Hage-
 
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