Vorwort
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Die „Geschichte der Kunst des Aherthums“, Winckelmanns Hauptwerk, liegt in der ersten Auflage
von 1764 sowie in einer erweiterten, postum veröffentlichten Auflage von 1776 vor. Die sachliche
Kommentierung eines derart materialreichen und anspruchsvollen Werkes des 18. Jahrhunderts ist
schon dem äußeren Umfang nach (der Text unserer Edition füllt über 900 Druckseiten) ein Vorhaben,
das eine praktikable Gliederung verlangt.
Die Herausgeber haben sich deshalb entschlossen, die in der „Geschichte der Kunst des
Alterthums“ erwähnten antiken Objekte und archäologischen Befunde aller Art in einem eigenen
Band katalogmäßig vorzulegen und zu erläutern. Als zusammenfassender Begriff diente das Wort
„Denkmal“, ein traditionsreicher, auch von Winckelmann gebrauchter Begriff, der - wie seine vom
lateinischen monumentum abgeleiteten Äquivalente - zumindest in der Klassischen Archäologie noch
heute international verwandt wird. Deutlicher als die neutralen Begriffe ,Objekt4 und ,Befund4 oder
die ästhetisch wertende Bezeichnung ,Kunstwerk4 verweist,Denkmal4 auf eine zentrale Funktion der
Objekte und Befunde: sie sind für Winckelmann und für uns historische Zeugnisse.
Die gesonderte Präsentation des Kataloges hat aber nicht nur praktische Gründe. Indem sie die
antiken ,Denkmäler4 innerhalb des zu kommentierenden Textes hervorhebt, entspricht sie deren
besonderer Rolle in Winckelmanns Kunstgeschichte. Die Denkmäler sind hier der Ausgangspunkt
und zugleich das Ziel der Erörterung, sie erscheinen als Zeugnisse, die der literarischen Überlieferung
gleichrangig, teilweise sogar überlegen sind.
Doch heute, 230 Jahre nach dem Erscheinen der zweiten, postumen Auflage von Winckelmanns
Kunstgeschichte sind viele der dort zitierten Denkmäler zu Unbekannten geworden. Sammlungen, in
denen sie sich befanden, wurden aufgelöst und ihre Bestände über Europa und Nordamerika verstreut.
Benennungen, die im 18. Jahrhundert üblich waren, gerieten in Vergessenheit und wurden durch andere
Namen, auch andere,Spitznamen4 ersetzt. Daher sind heute nicht einmal mehr Klassische Archäologen
in der Lage, alle von Winckelmann erwähnten Objekte zu identifizieren - was bedeutet, dass sie
Winckelmanns Text nicht mehr voll verstehen. Andere, mit antiken Denkmälern weniger vertraute
Leser haben noch größere Verständnisprobleme. Die Folge war und ist, dass man Winckelmanns
Kunstgeschichte zu einem Theoriengebäude verkürzte und ihren Autor als einen bloßen Theoretiker
ansah, der sich um die Fülle der überlieferten Denkmäler und den konkreten archäologischen Befund
wenig kümmerte.
Dieses Missverständnis will der Katalog der antiken Denkmäler beseitigen helfen; er will dazu
beitragen, Winckelmanns Text wieder lesbar, wieder verständlich zu machen. Durch die in ihm
geleistete Identifizierung und Diskussion der Denkmäler wird die Arbeitsmethode Winckelmanns in
neuer Weise sichtbar oder: wieder sichtbar. Winckelmann kann nun nicht mehr reduziert werden auf
den mehr oder weniger originellen Erfinder einer wirkungsmächtigen Theorie, dessen Werk sich mit
einigen populären und handlichen Formeln erfassen lässt. Er erscheint vielmehr als Archäologe bei
der konkreten Arbeit, als Wissenschaftler, der sich um das Detail, auch das technische Detail bemüht,
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Die „Geschichte der Kunst des Aherthums“, Winckelmanns Hauptwerk, liegt in der ersten Auflage
von 1764 sowie in einer erweiterten, postum veröffentlichten Auflage von 1776 vor. Die sachliche
Kommentierung eines derart materialreichen und anspruchsvollen Werkes des 18. Jahrhunderts ist
schon dem äußeren Umfang nach (der Text unserer Edition füllt über 900 Druckseiten) ein Vorhaben,
das eine praktikable Gliederung verlangt.
Die Herausgeber haben sich deshalb entschlossen, die in der „Geschichte der Kunst des
Alterthums“ erwähnten antiken Objekte und archäologischen Befunde aller Art in einem eigenen
Band katalogmäßig vorzulegen und zu erläutern. Als zusammenfassender Begriff diente das Wort
„Denkmal“, ein traditionsreicher, auch von Winckelmann gebrauchter Begriff, der - wie seine vom
lateinischen monumentum abgeleiteten Äquivalente - zumindest in der Klassischen Archäologie noch
heute international verwandt wird. Deutlicher als die neutralen Begriffe ,Objekt4 und ,Befund4 oder
die ästhetisch wertende Bezeichnung ,Kunstwerk4 verweist,Denkmal4 auf eine zentrale Funktion der
Objekte und Befunde: sie sind für Winckelmann und für uns historische Zeugnisse.
Die gesonderte Präsentation des Kataloges hat aber nicht nur praktische Gründe. Indem sie die
antiken ,Denkmäler4 innerhalb des zu kommentierenden Textes hervorhebt, entspricht sie deren
besonderer Rolle in Winckelmanns Kunstgeschichte. Die Denkmäler sind hier der Ausgangspunkt
und zugleich das Ziel der Erörterung, sie erscheinen als Zeugnisse, die der literarischen Überlieferung
gleichrangig, teilweise sogar überlegen sind.
Doch heute, 230 Jahre nach dem Erscheinen der zweiten, postumen Auflage von Winckelmanns
Kunstgeschichte sind viele der dort zitierten Denkmäler zu Unbekannten geworden. Sammlungen, in
denen sie sich befanden, wurden aufgelöst und ihre Bestände über Europa und Nordamerika verstreut.
Benennungen, die im 18. Jahrhundert üblich waren, gerieten in Vergessenheit und wurden durch andere
Namen, auch andere,Spitznamen4 ersetzt. Daher sind heute nicht einmal mehr Klassische Archäologen
in der Lage, alle von Winckelmann erwähnten Objekte zu identifizieren - was bedeutet, dass sie
Winckelmanns Text nicht mehr voll verstehen. Andere, mit antiken Denkmälern weniger vertraute
Leser haben noch größere Verständnisprobleme. Die Folge war und ist, dass man Winckelmanns
Kunstgeschichte zu einem Theoriengebäude verkürzte und ihren Autor als einen bloßen Theoretiker
ansah, der sich um die Fülle der überlieferten Denkmäler und den konkreten archäologischen Befund
wenig kümmerte.
Dieses Missverständnis will der Katalog der antiken Denkmäler beseitigen helfen; er will dazu
beitragen, Winckelmanns Text wieder lesbar, wieder verständlich zu machen. Durch die in ihm
geleistete Identifizierung und Diskussion der Denkmäler wird die Arbeitsmethode Winckelmanns in
neuer Weise sichtbar oder: wieder sichtbar. Winckelmann kann nun nicht mehr reduziert werden auf
den mehr oder weniger originellen Erfinder einer wirkungsmächtigen Theorie, dessen Werk sich mit
einigen populären und handlichen Formeln erfassen lässt. Er erscheint vielmehr als Archäologe bei
der konkreten Arbeit, als Wissenschaftler, der sich um das Detail, auch das technische Detail bemüht,