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- 831

Das billige Vergnügen.

An einem Sonntag Nachmittag kommt ein Fremder in ein Dorf. Ganz verwundert sieht er,
wie Alt und Jung über einen schmalen Bach springt.

Der Fremde fragt nun den Nächststehenden, warum man nicht ein Brett über den Bach legt,
damit Alle bequem hinübergeheu können.

Bauer keine» Anlauf nehmend): Wollet mer gar net; dös Nieberschprenga — Juchhe! — ischt bei!
dena thcure Zeita onser Sonntägnochnüttags-Bergnüga!

Die Miquel-Hymne.

Der Miguel ist Minister nun,

Und der läßt sich nicht lumpen,

Der ist Finanzmann eomme il faut,

Der weiß es gründlich, wie und wo
Ein Staat sich Geld kann pumpen.

Jetzt kommt sie erst, die gold'ne Zeit
Was Silber und was Nickel!

Jetzt wird uns erst das Schicksal hold,

Denn alle Taschen füllt init Gold
Uns jetzt der große Miquel.

Den Miquel, das Finanz-Genie,

Besingt ihn, deutsche Barden!

Nicht Millionen pumpet er,

Denn das erschien ihm schäbig sehr —

Er pumpt gleich Milliarden.

In unscrs Reiches Druckerei
Giebt's Arbeit bald in Massen,

Denn Kassenscheine, manches Ries,

Und Staatsschuldscheine überdies
Wird Miquel drucken lassen.

Braucht man ein Tabaksmonopol
Als neue Einnahmsquelle —

Der Miquel ruft den Windthorst her,

Und schlägt ihn breit — das ist nicht schwer, —
Dann hat er's auf der Stelle.

Und käm' einmal ein großer Krach,

Dem Miquel macht's nicht Jammer,

Er bringt — läßt weiter sich nichts thun —
Ostafrika und Kamerun
Als „Masse" untcr'n Hammer.

Wer diese kauft, der bringt sie bald
Als werthlos doch uns wieder;

Kein Nilpferd uns verloren geht,

Der Miquel selbst den Krach versteht,

Ihm tönen Jubcllieder!

Zum Frauenstimmrecht.

A. : Warum wehrten sich die Reichstagsphilister
so heftig, den Frauen bei Gewerbcschiedsgerichts-
wahlcn das Stimmrecht einzuräumen?

B. : Das war von den Gegnern der Frauen-
Emanzipation nur konsequent. Wer den Frauen
keine Gerechtigkeit widerfahren läßt, kann
von ihnen auch keine Theilnahmc an einer In-
stitution der Gerechtigkeit verlangen.

Leipziger Schrecken.

Ei Herrjehses, unser Leibzig
Schitzd nu nich mehr das Gesetz,

Denn es is ganz unbelagerd,

Schaudernd merkd's der Debbchen-Götz.

Da gann Leibzig nich beschdchen,

Alle Ordnung grachd un wankd,

Alle Heiser duhn schon wackeln
Un der Bedersdorm, der schwankd.

Seifzend had de Nonnen-Miehle
Schon sich ufs'n Gobb geschdelld,

Un de Bleiße fließt schdromufswärds,

Weil's ihr grade so gefälld.

In den scheenen Rosen-Dahle
Wächst jetzd Alles rodh schdads grien,

Un de Bürger duhn und Schrecken
Bor den groben Unfug flieh'n.

Alle braven Ordnungsmänner
Sein endristcd un embörd,

Un se schneiden drum Gesichder,

Daß de Gose sauer werd.

Aber wie se schrei'n un jammern,

Hier hilft gcene Bohlizei,

Denn mid Baragraf Achdunzwanzig
Jsses gänzlich nu vorbei.

Die betrübten Nationalliberalcn.

„Ich habe keine Reichshunde!" sagte der
Reichskanzler von Caprivi auf seiner parlamen-
tarischen Soiröe. Wie wir hören, sollen einige
strebsame nationalliberale Politiker über die Be-
seitigung dieser ihnen so theucr gewordenen In-
stitution sehr betrübt sein.

Im Norden.

(Frei nach Heine.)

Ein „Staatsmann" harret einsam
Im Norden auf seine Zeit,

Bis ein Ministerscheinel
Für ihn auch steht bereit.

Er träumt von einem Genossen,

Einst waltend im fernen Süd,

Der als Finanzminister
Jetzt in die Hauptstadt zieht.

Die Hunde.

„Jaja, die Hunde Hab' ich so gern",

So hat Fürst Bismarck gesprochen,

„Sie lassen niemals entgelten den Herrn,

WaS er an ihnen verbrochen!" —

Mit Hunden regiert es sich gar so bequem,

Sie wagen nicht laut zu murren,

Und wird auch zu hart das Dressursystem,

Hört man nur ganz leise sie knurren.

Sie lecken die Stiefel, sie lecken die Hand,

Und trittst du sie grob mit Füßen,

Ist freundlich ihr Blick zu dir gewandt,

Als wollten sie danken und grüßen.

Stets haben sie Hunger, stets haben sie Durst,
Sie schnappen nach Brocken beständig,

Und auch für das kleinste Stücklein Wurst
Wedeln sie ganz unbändig.

Stets sind sie zu allen Diensten bereit
Und wühlen auch gern im Kothe;

Sie schivelgen in Knechtschaftsseligkeit
Und folgen jedem Gebote.

Und kommt daher so ein armer Mann,

Deß Kleidung geflickt und zerrissen,

So lauf' er davon, so schnell er nur kann,
Sonst wird er von ihnen gebissen.

Und wirfst du den Kötern den Knochen vor,

Sie werden nicht gütlich ihn theilen;

Wer frißt ihn, muß mit den Andern zuvor
Sich balgen und beißen und heulen.

Die Opposition war' eitler Dunst

Und sicherlich wäre gefunden

Der höchste Triumph, wenn die Staatsmannskunst

Die Menschen gemacht zu Hunden.

O wahrlich, es hat gefehlt nicht viel
In jenen herrlichen Zeiten,

Da war man gar nicht mehr weit vom Ziel
Mit unterthänigen Leuten.

Ihr lieben Kinder, wißt ihr's noch,

Wie Einer — ihr standet betroffen —
Bekannte: „Hunde sind wir ja doch!"

Und er war gar nicht besoffen!

Capribi's Mangel.

A:: Es ist doch eigenthümlich, daß der jetzige
Reichskanzler nicht einmal weiß, wie weit die Zu-
knnftspläne des Kriegsministers in Betracht kommen!

B.: Ja, das ist eben die neue Aera! Die
Kanzler folgen sich, aber sie gleichen sich nicht.
Der frühere war allmächtig, und der heutige ist
nicht einmal allwissend.

Au!

Welcher Zahn kann dem deutschen Michel den
ärgsten Zahnschmerz machen? -uhvrYvW asE

Zcitschwiugen.

Der Freiherr von Münch ist tief gesunken,

Hat Antisemiten-Wasser getrunken;

Des Wassers Wirkung war sulminaut,

Er hat dabei sich den Mund verbrannt!

-t- *

*

Er plaudert immer und immer zu
Abseits in seinem Friedrichsruh;

Je mehr er sich im Plaudern gefällt,

Je weniger will von ihm wissen die Welt!

* *

*•

Berstand und Herzen zu bieten Trutz —

Gar Mancher nennt's heute — Arbeiterschutz!

* *

Panitza.

Er starb mit Seelcnstärke
Und ließ Bulgarien leben;
Doch lebten seine Werke,
Würd's kein Bulgarien geben!
 
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